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Die Insel Thassos: Griechenlands grüner Smaragd

Thassos: Ein solch grünes Insel-Idyll hätten wir jetzt wahrlich nicht in Griechenland erwartet. Wenn wir an dessen Eilande denken, fallen uns vor allem die Kykladen, Kreta und Rhodos ein und die zeigen sich oft in einem erdfarbenen Kleid.

Der Beiname von Thassos hätte uns auf die richtige Spur bringen können. Von der „Smaragdgrünen“ spricht der Reiseführer und die Inaugenscheinnahme zeigt, dass er nicht übertrieben habt. Eine üppige Vegetation überzieht die fast kreisrunde Insel in der Nordägäis. Die steil abfallenden Hänge des fast 1 200 Meter hohen Ypsarions, des höchsten Berges der Insel, präsentieren sich selbst im Oktober noch in sattem Grün. Was für ein Unterschied zu den Kykladenschönheiten Naxos, Santorin oder Paros, wo das Auge kaum an grünen Tupfern hängen bleibt.

Ein Kirchlein auf der Insel Thassos

Thassos: Nachbar von Bulgarien und der Türkei

Thassos ist anders als die touristischen Schwergewichte im Süden. Das liegt nicht allein an der Lage des Inseljuwels, 100 Kilometer von Bulgarien und 200 Kilometer von der Türkei entfernt. Schon bei der Anreise per Fähre – einen Flughafen gibt es auf Thassos glücklicherweise noch nicht – wird uns klar: Hier sind deutsche Pauschaltouristen in der Minderheit.

Dafür rollen unzählige Fahrzeuge mit serbischen, rumänischen oder bulgarischen Kennzeichen auf den schwimmenden Lastesel. Einigen der Insassen werden wir in den nächsten Tagen wieder begegnen: an einem der zahlreichen Strände, die sich wie Perlen an der Schnur an der knapp 100 Kilometer langen Ringstraße aufreihen.

Von Kavala geht es per Fähre in 40 Minuten hinüber nach Thassos

Zwei Stunden braucht man für die komplette Umrundung der Insel; die Stichstraßen ins Inselinnere enden meist im Nirgendwo oder schrecken Mietwagenfahrer ab, die sich mit der preiswerten Kategorie ohne Allrad begnügt haben.

Thassos: weit weg vom Massentourismus

Auf Thassos gibt es alles, was das Urlauberherz begehrt. Familiäre Herbergen, schicke Boutiquehotels, komplett eingerichtete Feriendomizile in liebevoll restaurierten Steinhäusern. Griechische Tavernen, wo abends der Ohrwurm aus „Alexis Sorbas“ in Dauerschleife dudelt; hippe Veggie-Kneipen und Burger-Läden mit XXL-Portionen; Surfschulen und Kanuverleih; Strandabschnitte, wo eine Sonnenliege an die nächste grenzt, ebenso wie einsame Buchten, wo sich kaum einer hin verirrt.

Auf dem Weg ins Inselinnere von Thassos

Trotz allem ist Thassos eine Insel der Griechen geblieben, weit entfernt vom Massentourismus auf anderen Eilanden. In den Sommermonaten mag es zwar trubelig zugehen, vor allem am Golden Beach, der sich über mehrere Kilometer zwischen den Orten Skala Potamias und Chrissi Ammoudia erstreckt. Doch kaum sind die Schulferien vorüber gehört die Insel wieder den Einheimischen und den paar Touristen, die von den günstigen Preisen der Nachsaison profitieren. Das in allen erdenklichen Blautönen schimmernde Wasser ist immer noch herrlich warm. Selbst die Sonnenliegen gibt es zum Schnäppchenpreis. Nur die Strandtaverne hat möglicherweise schon geschlossen.

Eine Ägäisinsel im Wandel

Noch vor einem halben Jahrhundert war die griechische Insel ein stiller, pittoresker Flecken in der Nordägäis, wo Fischer nachts Sardinen und Tintenfischen nachstellten und Hirten ihre Ziegen zwischen Wacholder, Myrte und Judasbäumen weiden ließen. Doch dann nahmen die Fähren den Betrieb zu dem wenige Kilometer vor dem Festland gelegenen Eiland auf. Seitdem mühen sich die abgelegenen Bergdörfer und Fischerorte, die so genannten Skalen, ein Stück vom touristischen Kuchen abzubekommen.

Die Aussteiger von einst, die sich mit einem einfachen Bett und Toilette auf dem Flur zufriedengaben oder gleich die Isomatte an den einsamen Stränden ausrollten, sind verschwunden. Heute spucken die Fähren aus Kavala oder Keramoti in den Sommermonaten fast stündlich Touristen aus. Neben reisefreudigen Deutschen und Engländern quartieren sich Rumänen, Bulgaren und Serben in den Herbergen mit über 20 000 Gästebetten ein. Selbst Türken, deren Heimat gleichsam um die Ecke liegt, finden an der Smaragdgrünen Gefallen.

Schöne Strände sind das Markenzeichen von Thassos.

Thassos und die griechische Mythologie

Wer wissen möchte, wie Thassos zu seinem Namen kam, muss tief in die griechische Mythologie eintauchen. In der landet man fast immer bei Göttervater Zeus. Der lüsterne Chef des Olymp soll ein Auge auf die bildschöne Europa geworfen haben und entführte sie kurzerhand.

Der Herr Papa war verständlicherweise „not amused“ über die schändliche Tat und schickte prompt seine beiden Söhne Kadmos und Thassos los, um die Verschollene zu suchen. Mit mäßigem Erfolg: Kadmos gründete nach vielen Irrfahrten die Stadt Theben; Europa wurde zur Namensgeberin des gesamten Kontinents und Brüderchen Thassos verfiel dem Zauber des verträumten Ägäis-Eilands.

Das “Athen des Nordens”

Die 380 Quadratkilometer große Insel, war dank ihrer Marmorbrüche, den Edelsteinvorkommen und Erzadern einst so reich, dass es Chronisten als „Athen des Nordens“ rühmten. Die Thassioten konnten es sich sogar leisten, den Kriegshafen von Liménas mit Marmorplatten auszukleiden. Die sind bei ruhiger See noch im grünblauen Wasser auszumachen.

In Liménas, der Hauptstadt von Thassos, kommen die Fähren an.

Liménas: die Hauptstadt von Thassos

In Liménas, der Insel-Hauptstadt, landet zwangsläufig jeder, weil hier die Fähren anlegen. An der Uferpromenade, wo das sorgfältig restaurierte Metochi (eine Art Bootshaus) der Mönche vom Berg Athos steht, herrscht ein ständiges Kommen und Gehen bis tief in die Nacht. Kafenions und Tavernen am pittoresken Fischerhafen locken mit typisch griechischen Gerichten. Nachtclubs werben um Nachtschwärmer. In den Souvenirläden der Fußgängerzone wird allerlei Plunder feilgeboten.

Auf Schritt und Tritt stößt der Flaneuer auf Überbleibsel der gewaltigen Stadtmauer, auf antike Stadttore und Tempel, gebaut aus dem schneeweißen Marmor von Thassos. Unweit der Kirche des Heiligen Nikolaos, die so etwas wie das Wahrzeichen der Inselhauptstadt ist, stößt man an antiken Mauern auf das Konterfei von Zeus und Hera, auf die Fundamente mächtiger Tempel, wo in längst vergangenen Zeiten dem Helden Herakles gehuldigt wurde, während ein paar Meter weiter Feinde und Verbrecher grausam hingerichtet wurden.

Hinauf zum antiken Theater

Die Akropolis und das antike Theater, das schon der große Arzt Hippokrates rühmte, bekommen allerdings nur wenige Sonnenanbeter zu Gesicht, Zu beschwerlich scheint ihnen der Aufstieg zur antiken Oberstadt, zu strapaziös der schmale Pfad durch duftende Macchia. Vorausgesetzt der Geschichtsinteressierte findet den Weg.

Das antike Theater von Thassos

Dabei gibt es kaum ein schöneres Plätzchen mit Panoramablick auf Stadt und Meer als die Arena mit ihren dorischen Säulen und den steinernen Sitzstufen. 4000 Menschen finden in dem Amphitheater Platz, das einen verwunschenen Eindruck hinterlässt. Das vor sich hin rottende antike Theater müsste dringend saniert werden, um es auch weiterhin für Konzerte und Theateraufführungen zu nutzen. Doch weil Griechenlands Kassen schon seit Jahren leer sind, verzögern sich die Arbeiten Jahr um Jahr.

Thassos: die schönsten Dörfer im Inselinnern

Wer Abwechslung zum Strand-Hopping sucht, wer das wahre, das einfache Inselleben erleben möchte, muss hinauf in die malerischen Bergdörfer, die zum Schutz vor Piraten weit weg von der Küste gebaut wurden. Kastro, Theológos mit der hübschen Kirche Agios Dimitrios und Kavaziti kleben so halsbrecherisch am Hang, dass nur noch die mit Schieferplatten gedeckten Dächer aus dem Grün aus Kiefern, Kermeseichen, Platanen und Walnussbäumen herausragen. Die Gassen zwischen den uralten Steinhäusern sind so schmal, dass Autos eher hinderlich sind.

Steinhäuser prägen die Dörfer im Inselinnern von Thassos.

Viele der schönen Steinhäuser mit den charakteristischen Erkern und den Holzbalkonen liegen verlassen da, weil Landflucht auch auf Thassos ein Thema ist. In Kazaviti, das ein wenig als „Vorzeigedorf“ gilt, gibt es immerhin ein paar Lichtblicke. Griechen sind hier zwar kaum noch zu finden, doch dafür haben Mitteleuropäer die architektonischen Inselschmuckstücke entdeckt und sie liebevoll hergerichtet. Geschmackvoll eingerichtete Ferienwohnungen verstecken sich hinter wuchtigen Steinmauern, vor denen uralte Olivenbäume stehen.

Impressionen aus den Bergdörfern von Thassos

Abends herrscht fast schon gespenstische Stille in den einsamen Bergdörfern. Die Tagestouristen sind abgerauscht; die Spanferkel, Lämmer und Zicklein, die stundenlang über dem offenen Feuer gebraten wurden, verputzt. Maria, die junge Griechin, blickt zufrieden auf die leeren Regale, wo noch am Morgen Gläser mit selbstgekochter Marmelade und in Honig eingelegten Früchten standen.

Ein typisches Steinhaus auf Thassos

Schon bald wird sie sich mit Einheimischen und Zugezogenen im „O Platanos“ treffen, wo schon der Opa im Schatten riesiger Platanen saß. Der Wirt wird köstliche Vorspeisenplatten auftischen, die jeden Hauptgang überflüssig machen. Herrenlose Hunden werden durch die Gassen streifen, der Wind ein Liebeslied säuseln. Ein Stück vom Paradies – auf Thassos ist es zu finden.

Was du über Thassos wissen musst…

Die Insel Thassos ist die nördlichste der bewohnten Ägäischen Inseln, ausgesprochen grün und ein Paradies für Sonnenanbeter und Wasserratten.

Die Anreise

Thassos hat keinen eigenen Flughafen. Am einfachsten ist die Anreise nach Kavala. Bei Eurowings gibt es den Hin- und Rückflug ab München ab 200 Euro. Die Fähre von Kavala zum Ort Skala Prinou geht in der Hochsaison fünf bis sechs Mal, wesentlich häufiger verkehrt die Fähre von Keramoti zur Inselhauptstadt Limenás. Die Überfahrt nach Thassos dauert rund 40 Minuten.

Unterwegs auf Thassos

Die Ringstraße führt wie der Name schon sagt einmal um die Insel herum. Wenn du verschiedene Strände entdecken und die ausgesprochen schönen Bergdörfer besuchen möchtest, brauchst du einen kleinen Mietwagen. Auf den schmalen Straßen Richtung Inselinneres hat er Vorteile.

Das Kloster des Erzengels Michael ist ein wichtiger Wallfahrtsort auf Thassos für orthodoxe Christen.

Das schönste Kloster

Das mit Schieferschindeln gedeckte Kloster des Erzengels Michael in der Nähe des Dorfes Theologos ist das größte und bekannteste Kloster von Thassos und ein wichtiger Wallfahrtsort. Touristen kommen vor allem wegen der extrem fotogenen Lage auf einer Klippe – bei klarer Sicht reicht der Blick bis hinüber zum heiligen Berg Athos. Orthodoxe Gläubige hingegen pilgern zur wundertätigen Ikone des Erzengels und bekreuzigen sich vor dem Bruchstück eines Nagels, der ihrem Glauben nach am Kreuz durch  Jesus Christus rechte Hand getrieben wurde. Das Wasser der Quelle gilt als heilig.


Das Kloster hat täglich von  9 bis 14 sowie von 17 bis 21 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.


Die schönsten Strände auf Thassos

Auf Thassos seinen Traumstrand zu finden, ist nicht besonders schwer. Im Gegenteil: Angesichts der malerischen Buchten, die sich aneinanderreihen, wird die Wahl zur Qual. Wer nicht gerade in der Hochsaison Juli/August kommt, findet diese Paradiese fast menschenleer vor. Hier einige besonders schöne Strände:

Golden Beach

Der längste und beliebteste Strand liegt im Nordosten der Insel, zu Füßen der ursprünglichen Bergdörfer Potomia und Panagia. An ihm liegen auch zahlreiche Hotels und Pensionen. Weil das Meer sehr flach abfällt, können selbst die Kleinsten unbekümmert planschen. Im Hintergrund baut sich der imposante Ypsarion auf, der für Windstille sorgt: ideale Bedingungen für die ersten Surfversuche.

Blick auf den Golden Beach von Thassos

Aliki

Die kleine Halbinsel im Südosten von Thassos hat gleich drei Strände: einen flach abfallenden Sandstrand in der westlichen Bucht, einen Kiesstrand in der nördlichen. Das Beste aber sind die wannenartigen alten Marmorbrüche an der Spitze der kleinen Halbinsel, die von der Brandung gespeist werden.

Ein ähnliches Naturschwimmbecken findet sich in Gióla. „Aphrodites Träne“ – so der malerische Name – ist allerdings ziemlich überlaufen. Alleine wird man an dem kreisrunden Felsenpool nie sein. Zu erreichen ist die 20 Meter lange Badewanne über einen längeren Fußmarsch.

Saliára

Klein, fein und wunderschön ist dieser Strand. Der weiße Marmorsand, die grünen Kiefern und das türkisblaue Meer zaubern eine geradezu karibische Atmosphäre. Allenfalls 100 Badegäste finden in dieser Traumbucht Platz, die nur über eine Piste zu erreichen ist. Wer den Mietwagen schonen möchte: Der Marmorstrand wird auch von Ausflugsbooten angesteuert.

Parádissos

Was für ein verheißungsvoller Name. Das Postkartenmotiv liegt im Südwesten der Insel, bei Kinira, und ist von dichtem Wald eingerahmt. Der Sand ist wirklich so fein wie Puderzucker, das Wasser so türkis wie in der Karibik. Es gibt eine kleine Strandtaverne, die schon am frühen Morgen überfüllt ist, Vermieter von Liegen, die ordentlich zulangen, und Sanitäranlagen, um die man am besten einen großen Bogen macht. Wer zu spät kommt, findet ohnehin keinen Platz mehr zum Parken. Warum ich den Strand dennoch erwähne? Weil er in der Nachsaison den Zauber entfaltet, der dir auf Bildern gezeigt wird.

Kavala: mehr als ein Fährhafen

Die meisten Touristen besteigen in Kavala nur die Fähre. Ein großer Fehler, denn die Hauptstadt der Region Ostmakedonien ist ein tolles Ziel für einen Tagesausflug. Die Stadt liegt malerisch an einem Hang, oben thront eine osmanische Festung- vor allem Nachts ein fantastischer Anblick. Die kleine gemütliche Altstadt mit ihren engen Gassen ist ausgesprochen hübsch und eignet sich zum entspannten Flanieren. Ein römisches Aquädukt spannt sich über die Straßen.

Ein paar Bilder aus Kavala

 

 

Roswitha:
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