Endlose Weite bis zum Horizont. Gewaltige Sanddünen, die kupferrot leuchten. Menschen, die Fremden stolz ihr Land präsentieren und dabei so freundlich sind, dass mir übellaunige Deutsche doppelt bitter aufstoßen: Namibia hat mich schon nach wenigen Tagen verzaubert.
War ich anfangs eher ernüchtert von der Hauptstadt Windhoek, der man deutlich ansieht, dass sie als militärischer Vorposten der Kaiserlichen Kolonialverwaltung gedacht war, so hat mich die Sossusvlei umso mehr begeistert. Die roten Sanddünen haben sich fest in mein Gedächtnis eingebrannt.
Inhaltsverzeichnis
Auf zum Etosha-Nationalpark
Doch wir müssen und wir wollen weiter: zum Etosha Nationalpark, eines der großen Wildschutzgebiete Afrikas.
Der Etosha-Nationalpark: lebenspendende Oase in öder Landschaft
Hier im Norden Namibias, wo es scheinbar nur öde Landschaft aus Sand, Salz und Sonne gibt, liegt die lebenspendende Oase, deren Reiz ein Journalist von National Geographic folgendermaßen umschrieb:
Etosha: ein Nationalpark aus kolonialen Zeiten
Denn Etosha – der Platz der großen, weißen Flächen – ist eine Arche Noah, ein Paradies für gefährdete Arten mit einem fossilen Herzen in seiner Mitte. Ehe Etosha zum Begriff wurde, gingen hier Buschmänner auf die Jagd, die vom reich gefüllten Tisch nur das nahmen, was sie zum Überleben brauchten.
Später kamen Trophäenjäger aus Übersee, die sich das teure Vergnügen einiges kosten ließen. Es war Friedrich von Lindequist, der erste zivile Gouverneur der deutschen Kolonie, der das Areal 1907 zum Wildschutzgebiet erklärte.
Landbedarf knabberte am Schutzgebiet
Mit seinen 93.240 Quadratkilometern war das ursprüngliche Gebiet mehr als doppelt groß wie die Schweiz. Schon damals war es um die einst reiche Tierwelt schlecht bestellt. Durch Wilderei und gedankenlose Großwildjagd waren Elefanten und die Abertausende Tiere zählenden Antilopenherden fast gänzlich verschwunden.
Für das Wild, das jetzt ungehindert wandern konnte, erwies sich das neue Schongebiet als Glücksfall. Weniger glücklich waren die einheimischen Volksstämme und die weißen Viehzüchter, die Weidegründe verloren.
1970 wurde Etosha 1970 zum Nationalpark, doch der Landbedarf knabberte an dem Schutzgebiet: Es schmolz auf 22.270 Quadratkilometer zusammen. Die neue Grenze ist nicht nur eine Demarkationslinie auf der Landkarte. Seit 1973 gibt es einen stabilen Dreimeterzaun, der von der Atlantikküste bis zum Okavango-Delta reicht.
Etosha: Namibias artenreiches Naturwunder
Seitdem nahm der Wildbestand Etoshas ordentlich zu – so sehr, dass der Bestand der Löwen mittels Empfängnisverhütung gesteuert werden muss. Streifengnus, Kudus und Steppenzebras versammeln sich an den Wasserlöchern. Mit viel Glück trifft man auf ein Spitzmaulnashorn.
Einst bevölkerten 65.000 Exemplare dieser Schwergewichte den afrikanischen Kontinent; heute sind alle drei Arten vom Aussterben bedroht, weil das Horn auf dem Schwarzmarkt einen höheren Preis als Gold erzielt.
Das daraus hergestellte Pulver gilt in einigen fernöstlichen Staaten als Potenzmittel. Rund 350 Spitzmaulnashörner sollen noch im Etosha leben, streng überwacht von berittenen Patrouillen. Die dürfen sogar schießen, wenn es brenzlig wird.
Etosha: mehr als die “Big Five”
Uns ist klar: Wir müssen schon sehr viel Glück haben, einen solchen Bullen auf seinen kurzen Stummelbeinchen zu Gesicht zu bekommen. Doch muss das überhaupt sein? Ist eine Safari erst perfekt, wenn hinter die Namen der „Big Five“ ein Haken gesetzt werden kann?
Die Sonne: der Herrscher von Etosha
Die menschenleere Wildnis macht mich fast demütig, weil sich mit jedem Kilometer in dem holpernden Landrover offenbart, wer auf diesem Wüstenplaneten wirklich das Sagen hat: nicht die vielgepriesenen „Big Five“, sondern die Sonne.
Sie lässt Wasserläufe in Lichtgeschwindigkeit austrocknen, lässt Erde rissig werden, überzieht Savannengras am späten Nachmittag mit einem sanften Gold.
Vom Anderson Gate zur Etosha-Pfanne
Eines wird uns schon wenige Meter nach dem Anderson Gate klar: Die Natur kennt kein Erbarmen. Ein ganzes Geier-Geschwader macht sich über den Giraffen-Kadaver her. Mit ihren kräftigen Schnäbeln reißen sie Stück für Stück aus dem gewaltigen Fleischberg heraus.
Eine Handvoll Schakale, klapperdürr wie verwilderte Straßenköter, pirscht sich verstohlen heran, während der Springbock-Kindergarten fasziniert das blutige Schauspiel verfolgt. Nur ein faules Löwenmännchen schert sich keinen Deut um die verlockende Mahlzeit.
Reglos döst es im Schatten einer Akazie, blinzelt gelegentlich mit den Augen und lässt sich nicht mal durch den Aufmarsch stinkender, lärmender Allradfahrzeuge aus der Ruhe bringen, die sich mit gehörigem Abstand, aber doch nah genug für die zweibeinigen Zaungäste um das Geschehen gruppiert haben. Kein Hobbyfotograf will dieses Schauspiel im Etosha-Nationalpark verpassen.
Nein: der Etosha-Nationalpark im Norden Namibias ist kein Hort der Friedfertigkeit, sondern eine Welt des Fressens und Gefressenwerdens: auch wenn der bedauernswerte Langhals womöglich nur an Altersschwäche gestorben ist.
Die Etoshapfanne: ein fossiler See
Wären wir vor zig Millionen Jahren zum „großen weißen Platz“ gekommen, wie der Volksstamm der Ovambo die brettflache, menschenleere Etosha-Pfanne im Herzen des Nationalparks getauft hat, wir wären buchstäblich in einen See hinein gestolpert – unfassbare 5.000 Quadratkilometer groß. Der Bodensee hätte in ihn locker zehnmal hineingepasst.
Die größte Salzsenke auf Erden
Doch dann trocknete das Gewässer aus, der Wind trug den fruchtbaren Boden mit sich fort und übrig blieb die größte Salzsenke auf Erden, so spiegelglatt, schneeweiß und lebensfeindlich wie die Erde vor dem ersten Schöpfungstag ausgesehen haben mag.
Der Schöpfungsmythos der Buschmänner
So einleuchtend die wissenschaftliche Erklärung für das apokalyptische Geschehen auch sein mag – die Buschmänner erzählen sich eine andere Geschichte: Einst soll der Landstrich von brutalen Jägern heimgesucht worden sein.
Sie töteten Männer und Kinder, verschonten jedoch die Frauen. Eine weinte so bitterlich um ihr getötetes Kind, dass ihre Tränen den ganzen See füllten. Als ihre Tränen trockneten, blieb nur eine salzige Einöde zurück: die Etoshapfanne.
Sommerliche Gluthölle
Im Namibias Sommer, wenn einem kalte und warme Luftschichten Spukbilder vorgaukeln, verwandelt sich das triste Nichts in eine Gluthölle.
Kein Windhauch sorgt dann für etwas Kühlung; kaum ein Baum spendet Trost und Schatten; keine Schäfchenwolke mildert das gleißende Licht, das vom kalksteinweißen Boden gnadenlos reflektiert wird. So weit das Auge reicht nur Savanne mit verdorrten Zwergsträuchern und Süßgräsern.
In den Mittagsstunden, wenn Afrikas sonst so bunte Farben vom Grau des Staubes verschluckt werden, sind selbst die künstlichen Wasserlöcher verwaist. Dann flüchten die Springböcke unter die wenigen Bäume. Die grazilen Dikdiks verschwinden im Gestrüpp, ermattete Löwen frönen dem Nichtstun.
Ihre Zeit ist noch nicht gekommen, denn erst bei Nacht werden sie zum Beutezug starten. Nur den putzmunteren Raubkatzen-Nachwuchs scheinen die Temperaturen jenseits jeglicher Wohlfühlskala nicht zu stören. Ausgelassen balgen und raufen sie miteinander, erklimmen Frau Mamas ausladendes Hinterteil und holen sich ein paar Schmuseeinheiten ab.
In der Regenzeit erblüht die Wüste
Jetzt aber kündet sich die Regenzeit mit nachtschwarzen Wolkenungetüme am Himmel an. Was folgt ist die Wiedergeburt der Wüste als saftig grünes Paradies – mit sprießenden Schösslingen, bunten Blüten und seltsam skurrilen Moringabäumen, deren Rinde eine Delikatesse für Stachelschweine ist.
Selbst die Senke füllt sich dann mit Wasser, auch wenn höchstens ein paar Zentimeter zusammen kommen. Heerscharen von Kudus mit kunstvoll gezwirbelten Hörnern machen sich über das zarte Grün her. Unmengen von Strauße mit ihren ulkig überdimensionierten Hälsen überwachen die Ebene. Und dazwischen: Immer wieder Dickhäuter, die sich ein Schlammbad genehmigen.
Die rosarote Wolke von “Fischer’s Pan”
In „Fischer’s Pan“, einer kleinen Salzpfanne im Osten von Etosha, verwandelt sich die warme Luft in eine rosarote Wolke. Dann stapfen Tausende Flamingos wie Primaballerinas durchs seichte Wasser und spreizen ihr flaumiges Federkleid.
Manchmal ist der stets hungrige Nachwuchs noch nicht mal flügge, wenn die Sonne das überlebenswichtige Nass zu schnell verdunsten lässt. Wie 1971, als Zehntausende flugunfähiger Flamingoküken praktisch auf dem Trockenen saßen. Ihr einziger Ausweg: zum wasserreichen Ekuma-Delta marschieren. Die Eltern mussten sie währenddessen mittels nicht enden wollender Stafetten mit Nahrung versorgen.
Okaukuejo: eines der Camps in Etosha
Am Wasserloch von Okaukuejo, wo das größte der drei Camps im Park liegt, bekommen wir sie zu Gesicht: die grauen Elefanten mit ihrer schrumpeligen Haut. Ganz unbescheiden beanspruchen sie den runden Tümpel für sich, drängen andere Tiere zur Seite.
Prustend und schnaubend machen sich die Riesen über das kühlende Nass her, ohne sich um die ebenfalls durstigen Nachbarn zu kümmern. Eine Giraffendame geht vor der Tränke tief in die Knie, eine andere streckt ihre vier Läufe von sich und senkt den Hals.
Begegnung mit den Bewohnern Etoshas
Wasser ist Leben in diesem ausgedörrten Winkel der Erde. Auf dem Weg zum Halali Camp begegnen wir grazilen Springböcken, die wie auf Zehenspitzen durch die Savanne tänzeln. Wir fotografieren die stämmigen Oryx-Antilopen mit ihren gefährlich langen Hörnern. Wir erfreuen uns an den unförmigen Gnus mit ihren bulligen Schädeln und an den robusten Zebras, die vor lauter Lebenslust die reinsten Veitstänze vollführen.
Scheinbar öde Landschaft aus Sand, Salz und Sonne
Am glücklichsten sind wir über das Treffen mit einer Elefantenmutter, deren Junges genau unter ihren Bauch passt – der perfekte Sonnenschutz bei der Wanderung über die schattenlose Ebene. Wir grinsen bis über beide Ohren – und sind doch tief gerührt über so viel mütterliche Instinkte. Selbst Leoparden, dank der rosettenförmigen Fell-Flecken Meister der Tarnung, und Geparden sollen in der scheinbar öden Landschaft aus Sand, Salz und Sonne leben.
Wildnis pur zum Sundowner
Wenn die Sonne am Horizont verschwindet und Busse sowie Geländewagen das Anderson Gate passiert haben, wird im Camp Okaukuejo Abend für Abend das gleiche Stück aufgeführt: Wildnis pur zum Sundowner.
Nur wenige Schritte sind es von den Rundhütten des ehemaligen Polizeipostens zur beleuchteten Wassertränke, wo sich all jene Protagonisten versammeln, denen Etosha seinen Ruf verdankt.
Nicht mal das flackernde Flutlicht scheint die Hyänen und Löwen, die Antilopen und Zebras zu stören. Unwillkürlich frage ich mich, wer denn hier die wilden Tiere sind: die vierbeinigen Besucher oder die zweibeinigen Zuschauer, die durch ein kleines Mäuerchen und einen Drahtzaun vom Geschehen getrennt sind.
Augenpaare funkeln herüber. Fremde Geräusche erfüllen die Luft. Am tiefschwarzen Himmel prangt das Kreuz des Südens neben dem Skorpion mit seinem hochaufgerichteten Stachel.
Glücklicherweise lässt sich der nicht blicken, und auch das andere wilde Getier interessiert sich nur für das Wasser, nicht für den Fleischberg auf der anderen Seite des Zauns. Das große Fressen bleibt für heute aus.
Die besten Tipps für deine Reise zum Etosha-Nationalpark…
Tipp Nr. 1: die beste Reisezeit
Die jahreszeitlichen Schwankungen zwischen Sommer und Winter bieten dir zwei gänzlich verschiedene Möglichkeiten zur Beobachtung des Wildes.
Die meisten Besucher kommen in den Monaten Mai bis August. Nachts kann es dann zwar ziemlich kalt werden, doch tagsüber steigen die Temperaturen auf angenehme Werte. Die künstlich angelegten Wasserlöcher und Quellen ziehen Raubtiere und ihre Opfer gleichermaßen an. Ohne üppiges Laubwerk fällt es dem Betrachter sehr viel leichter, die Tiere zu entdecken.
Will man Etoshas Pracht von November bis Mai entdecken, darf man nicht zimperlich sein. Tagestemperaturen über 35 Grad sind keine Seltenheit. Am Spätnachmittag gibt es häufig Gewitter.
Da jetzt Wasser in Hülle und Fülle vorhanden ist, müssen die Herden nicht zu den Wasserlöchern ziehen. Du brauchst daher etwas Glück, um Tiere zu entdecken. Doch die Geburt eines Streifengnus zu erleben – das geht nur im Sommer.
Tipp Nr. 2: Wie kommt man hin?
Wenn du von Windhoek aus anreist, lieg das Anderson Gate im Süden am nächsten. Alles in allem sind es etwa 420 Kilometer von der Hauptstadt bis zum Nationalpark.
Wer aus dem Nordosten kommt, für den empfiehlt sich das Von Lindequist-Tor. Von beiden Gates ist es nicht weit zu den Parkcamps und der Etosha-Pfanne.
Alle Tore werden bei Sonnenaufgang geöffnet und bei Sonnenuntergang geschlossen.
Der Eintritt für ausländische Touristen beläuft sich auf 80 Namib-Dollar (knapp fünf Euro), ein Pkw kostet zehn NAD.
Tipp Nr. 3: Übernachten im Etosha –Nationalpark
Es gibt insgesamt fünf Camps, die alle über die Nationalparkverwaltung gebucht werden müssen.
Das Dolomiten Resort auf einem Hügel sowie das Onkoshi-Camp auf einer Holzplattform sind eher was für Leute, die Luxus suchen und über einen entsprechend gut gefüllten Geldbeutel verfügen.
Okaukuejo, Halali und Namotoni sind deutlich preiswerter. Das Olifantsrus ist Etoshas jüngstes Camp und die einzige Option im Park, die nur für Camper ausgelegt ist, Näher kann man sich dem afrikanischen Busch nicht fühlen.
Mein persönlicher Tipp: Namotoni ist eine ehemalige deutsche Festung. Die hohen weißen Schutzmauern des Forts verleihen diesem Lager eine einzigartige Atmosphäre. Es gibt zwei Restaurants mit einer großen Auswahl an leckeren Speisen. Die Preise beginnen bei 550 Namib Dollar. Die Chalets in unmittelbarer Nähe des Wasserlochs sind natürlich teurer.
Im Vergleich dazu: Wer die Nacht in einem der 20 Zelte im Safaristil des Dolomiten Resorts verbringen möchte, muss mindestens 1200 Namib-Dollar auf den Tisch legen.
Alternative: ein Camp außerhalb des Parks
Sehr viel preiswerter ist es, außerhalb des Nationalparks zu übernachten. Eine wirkliche Alternative ist dies meiner Meinung nach nicht.
In den Abend- und Nachtstunden, wenn die Tagesgäste wieder weg sind, zieht es zahlreiche Tiere zu den Wasserlöchern. Wer das Geld für ein Nationalparkcamp investiert hat, sitzt dann gleichsam in der ersten Reihe.
Tipp Nr. 4: Welchen Schutz brauche ich im Etosha-Nationalpark?
In den Wintermonaten braucht man sich kaum Sorgen wegen Malaria zu machen – schließlich braucht die Stechmücke Wasser um sich zu vermehren.
Die meisten internationalen Gesundheitsorganisationen empfehlen jedoch, während der feuchteren Monate, etwa von November bis Juni, eine medikamentöse Malariaprophylaxe zu nehmen.
Warst du auch schon im Etosha-Nationalpark? Wenn ja, was hat dir besonders gefallen? Und hast du noch ein paar zusätzliche Tipps parat? Dann schreibe mir doch bitte: Ich nehme sie gerne in den Artikel auf.
Interessant, wie anders der Etosha Nationalpark im Sommer aussieht. Wir waren im namibischen Winter dort. Von Grün keine Spur, es war sehr karg. Dafür konnten wir, wie Du schon schriebst, bestens die Tiere an den Wasserlöchern beobachten. Und 35 Grad war es auch nicht heiß – nachts hatten wir sogar Minustemperaturen … Hach, toll war es dort!
Ja, es ist schon ein toller Fleck auf der Erde. Wäre sehr glücklich, wenn ich irgendwann mal wieder hinkomme.