Ägyptens Schätze lassen sich am besten auf einer Nilkreuzfahrt entdecken. Es ist mehr als nur eine Reise – es ist eine einzigartige Kombination aus Kultur, Komfort und Erholung. Vom majestätischen Luxor-Tempel bis zu den beeindruckenden Felsentempeln von Abu Simbel lässt sich eine der ältesten Kulturen der Welt erleben. Einer der Höhepunkte dieser Reise: Luxor, das alte Theben, Jahrehunderte lang die Hauotstadt der Pharaonen.
Inhaltsverzeichnis
Die Entdeckung der Tempel von Luxor
Zum Tempel von Luxor, der mitten im Herzen der ägyptischen Stadt liegt, hat Amgat Botros ein besonderes Verhältnis. Vielleicht liegt es daran, dass seine Vorfahren über Generationen hinweg auf dem Gelände auf der östlichen Nilseite gelebt haben.
Wahrscheinlich haben sie nicht mal im Traum geahnt, welches Wunder sich unter den meterdicken Schichten verbarg, die der 6650 Kilometer lang Strom im Lauf der Zeit bei den jährlichen Überschwemmungen abgelagert hat.
Gut, die Altvorderen sahen die Spitzen der viele Tonnen schweren, ebenmäßig behauenen Steinquader, die aus der ockergelben Erde herausragten. Doch die meterhohen Statuen ägyptischer Pharaonen, die über und über mit Hieroglyphen geschmückten Säulen, die vom göttlichen Wirken des Gottes Amun und seiner irdischen Söhne kündeten – sie lagen unter meterhohem Sand, Geröll und ärmlichen Lehmbauten begraben.
Flaubert zu Gast in Luxor
Als der französische Schriftsteller Gustav Flaubert 1849 das dörfliche Luxor besuchte, bot sich ihm ein recht sonderlicher Anblick. In seinen Erinnerungen notierte der Reisende:
Die Häuser waren zwischen den Kapitellen der Säulen erbaut; Hühner und Tauben nisten in den großen steinernen Lotusblättern.
„Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden viele Familien umgesiedelt, auch meine“, erzählt der Ägypter. Erst danach begannen die systematischen Ausgrabungen sowie die nicht immer geglückten Rekonstruktionen des Heiligtums. Mit dessen Bau war vor rund 3400 Jahren begonnen worden. Es zählt gemeinsam mit dem nur zweieinhalb Kilometer entfernten Karnaktempel und der Nekropole auf der westlichen Nilseite zum Weltkulturerbe der Unesco.
Der Luxortempel und die Ramsesstatuen
Er muss ein ziemlich selbstgefälliger Herrscher gewesen sein, dieser Ramses II., der das sagenhafte Alter von 91 Jahren erreichte, 52 Frauen sein Eigen nannte und Vater von 111 Söhnen war. Hochmütig blickt er auf den Strom von Touristen herab, die tagein, tagaus über das holprige, von Millionen Fußtritten glattgeschliffene Pflaster spazieren.
Sie stehen staunend vor dem spitz zulaufenden Pylon und verrenken den Kopf, um einen Blick auf die riesigen Ramses-Statuen zu werfen, die den Eingang zum Tempel bewachen und sich Ehrfurcht gebietend um den Großen Hof gruppieren.
2017 weitere Statue entdeckt
Mal zeigt sich der große Pharao in sitzender Position mit einer Cobra, mal stehend mit der Doppelkrone von Ober- und Unterägypten. Erst 2017 wurde eine weitere, zwölf Meter hohe und 75 Tonnen schwere Monumentalstatue aus schwarzen Granit feierlich enthüllt: Sie war während eines Erdbebens im vierten Jahrhundert nach Christus in 57 Teile zerbrochen.
Luxor – ein Freilichtmuseum
Luxor, das einstige Theben, könnte man wegen seiner Dichte an steinernen Zeugnissen des alten Ägyptens, als größtes Freilichtmuseum der Welt bezeichnen. Es ist in doppelter Hinsicht zweigeteilt.
Links des Nils liegt das Reich der Toten
Auf dem linken, eher ländlich geprägten Ufer, wo sich Zuckerrohrfelder und Palmenhaine bis zum roten Fels des 300 Meter aufragenden, zerfurchten Gebirges erstrecken, liegt das Reich der Toten:
-mit dem Terrassentempel der Pharaonin Hatschepsut
-dem Tal der Könige, wo der Brite Howard Carter vor gut 100 Jahren auf das Gold strotzende Grab eines völlig unbedeutenden Herrschers namens Tutanchamun stieß
-sowie dem Tal der Königinnen, wo noch immer zahlreiche Begräbnisstätten auf ihre Erforschung warten.
Rechts des Nils tobt das Leben
Auf der anderen Seite von Luxor tobt das Leben. Hinter der Kornish, wo einige wenige der über 300 Nilkreuzfahrtschiffe ankern, quält sich der Verkehr durch viel zu enge Straßen. Sie sind gesäumt von vollgestopften Verkaufsständen; sie werden bevölkert von lebensmüden Straßenhändlern, die kleine Götterstatuen, Papyrusmalereien und T-Shirts an den konsumfreudigen Touristen bringen wollen – alles „very cheap“ und garantiert „made in China“.
Im Park vor dem Luxortempel haben ägyptische Großfamilien ihre Picknickdecken ausgebreitet. Mancher Einheimische füttert unvorsichtigerweise das Heer aus Tauben, deren Ausscheidungen für die Jahrtausende alten Mauern mindestens ebenso schädlich wie das salzhaltige Grundwasser sind.
Unfertige Häuser: der Trick gegen hohe Abgaben
Daneben wachsen gesichtslose Neubauten in den meist wolkenlosen Himmel. Deren oberstes Stockwerk besteht aus Betonpfeilern nebst traurig wirkenden Eisenpfählen: Solange das Haus nicht komplett fertig ist, fallen die Abgaben geringer aus.
Bei all den Kutschen, Autos und Motorrädern im Überlebenskampf hat sich Luxor noch ein Stück gute alte Zeit bewahrt: Bauern lenken ihren vollbeladenen Eselskarren zum Markt. Esel saufen gierig am Fluss. Feluken gleiten lautlos über den Fluss.
Zum Five o’Clock Tea im „Old Winter Palace“
Im ehrwürdigen „Old Winter Palace“, einem honigfarbenen Prachtbau im victorianischen Stil, wo Howard Carters Geldgeber Lord Carnarvon zu den Stammgästen zählte, trifft sich die feine Gesellschaft zum Five o’Clock Tea mit Buttermilch-Scones und Clotted Cream, während vor der Hotelpforte ein paar Fischer ihre Netze einholen.
Der Karnak-Tempel
Zum Karnak-Tempel ist es nur ein kurzer Marsch über die mehr als 3000 Jahre alte Sphinx-Allee, die erst vor wenigen Jahren wiedereröffnet wurde. Es bräuchte Tage, Wochen, vielleicht ein ganzes Leben, wollte man dieses wohl bedeutendste Relikt der ägyptischen Zivilisation entschlüsseln. Die Tagesausflügler, die vom Roten Meer herangekarrt wurden, haben oft nur wenige Stunden Zeit.
Selbst die lärmenden Schulkinder, die zuvor noch Bestnoten in der Disziplin Selfie-Schießen ergatterten, werden ganz andächtig angesichts der reich verzierten Pylonen und Sphinxen mit dem Haupt eines Widders und dem Körper eines Löwens. In die überwältigende Säulenhalle würde die Kathedrale Notre-Dame bequem hineinpassen.
Das Werk von mehr als 30 Pharaonen
Mehr als 30 Pharaonen bauten über 1700 Jahre hinweg kontinuierlich an und um, steuerten Paläste, Tempel und Türme bei. Das macht Karnak zu einem der größten Tempelkomplex der Welt – neben dem berühmten Angkor Wat in Kambodscha. Vieles ging in späterer Zeit verloren.
Die Heiligtümer wurden durch Erdbeben zerstört oder fielen Räubern in die Hände, wie etwa die Obelisken. Über 20 gab es einst in dem Tempelbezirk, heute sind es noch drei: Der Rest steht in Rom, Paris, London, Washington, selbst in Istanbul.
Trotz dieses Schwundes: Der Zauber des alten Ägyptens ist im Heiligtum für die Götter Amun, Mut und Khonsu intensiver zu spüren als etwa in Kairo, wo die gewaltigen Pyramiden vom Großstadtdschungel umzingelt sind.
Mit dem Heißluftballon über Luxor
Am frühen Morgen, wenn die Sonne glutrot hinter der grauen Silhouette der wild gezackten Berge auftaucht, schlägt die Stunde von Ahmed Gawan und seiner Crew. Das riesige Feld unweit des Ramesseums, auf dessen Mauern sich der Selbstverliebte als genialer Feldherr verewigen ließ, verwandelt sich in einen Flugplatz für Heißluftballone.
Im Minutentakt steigen über 60 Ballone in den Himmel. Sie gleiten schwerelos durch den jungen Tag. Nur das Zischen der Brenner unterbricht die himmlische Stille über Stadt und Fluss.
Rechterhand schälen sich die Konturen von Hatschepsuts Totentempel aus der senkrecht aufragenden Felswand heraus – das architektonische Meisterwerk einer Frau, die sich am liebsten als männlicher Pharao mit traditionellem Bart und Nemes-Kopftuch abbilden ließ.
Linkerhand lugt der mächtige Nil aus dem Dunst hervor.
Unter dem Korb halten die rund 18 Meter hohen Memnonkolosse Wache, die Pharao Amenophis III. darstellen. Die gewaltigen Statuen, jede 720 Tonnen schwer, machen den Betrachter fast ein wenig melancholisch. Denn die Sandsteinquader sind geborsten, die Gesichter des Duos kaum noch zu erkennen. Nur die Hände des Königs ruhen wie vor 3500 Jahren auf seinen Knien und zeigen Richtung Fluss.
Mensch und Tier in Miniaturgröße
Ahmed, dessen Uniform an die eines Flugkapitäns erinnert, ist ein alter Hase beim Unternehmen Sindbad Ballons, einem von über 20, die Ballonfahrten über Luxor anbietet. Mit traumwandlerischer Sicherheit manövriert er die knallbunte Hülle samt Korb über Stromleitungen, ärmliche Häusdächer und Tempelmauern.
Mensch und Tier, die auf den Feldern ihr Tagwerk verrichten, schrumpfen auf Miniaturgröße zusammen. Schulkinder schwenken grüßend ihre Arme. Aus der Ferne ertönt der nicht enden wollende Ruf des Muezzins.
Zielsicher sucht sich der junge Ägypter für die Landung eine befestigte Fläche neben einer Straße aus – schließlich muss der Korb auf einen LKW verladen und die Passagiere in den Bus gepackt werden. Bei der Landung im Feld würden Entschädigungen an die Bauern fällig und die will jeder Ballonfahrer möglichst umgehen.
Impressionen von der Ballonfahrt über Luxor
Gräber besichtigen im Tal der Könige
Im Tal der Könige, der Nekropole der Herrscherkaste, herrscht alles andere als Friedhofsruhe. Schon am frühen Morgen rollt eine Karawane aus Bussen und Jeeps in das zwischen steilen Felswänden gelegene Tal. Es wirkt wie ein fremder Planet der Galaxis. Kein Hauch von Grün ist in dieser menschenverachtenden Wüste zu sehen; nur ein paar aufgeschreckte Eidechsen huschen zwischen dem losen Gestein umher.
Ein Jahrtausendfund: das Grab von Tutanchamun
Womöglich war es genau diese Abgeschiedenheit, weshalb die Pharaonen der 18. bis 20. Dynastie von hier aus ihre Reise ins Totenreich antraten. In dieser allumfassenden Leere fühlten sie sich fälschlicherweise sicher. Denn lange hatten die Herrschaften nicht ihre Ruhe, bevor sie unerwünschten Besuch von Grabräubern bekamen, die in ihrer Gier nach Geschmeide vor Zerstörungen nicht zurückschreckten. Tutanchamus Grab blieb als einziges unangetastet.
Das Tal der Könige bringt neue Funde ans Licht
Wie viele Herrscher ihren Weg in die Totenstadt fanden, weiß keiner so genau. Denn mit jeder Grabung kommen neue Erkenntnisse über den Totenkult der alten Ägypter ans Licht.
Hier stoßen Archäologen auf sensationelle Funde – so wie jene Schweizer Grabungsmannschaft, die vor einigen Jahren in einem mit Schutt verfüllten Schacht unzählige Mumien und sogenannte Kanopengefäße mit den Organen von Verstorbenen entdeckten. Der Fund war vielleicht nicht so spektakulär wie jener von Howard Carter im Jahr 1922. Aber er sorgte für einiges Aufsehen in der Zunft der Ägyptologen.
Nummerierung folgt der Chronologie der Entdeckungen
Das Grab des kindlichen Pharaos, der als Neunjähriger auf den Thron kam und zehn Jahre später das Zeitliche segnete, ist der Magnet der Totenstadt schlechthin – auch wenn für den Besuch eine happige Zusatzgebühr fällig wird.
Tutanchamuns Grab trägt den nüchternen Kurztitel KV 62. Denn die Nummerierung folgt der Chronologie der Entdeckungen. Auf 64 Gräber sind Grabungsteams bisher in dem unwegsamen Gelände gestoßen. Weitere werden in dem Felsental vermutet.
Es ist die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Niemand weiß, ob es überhaupt versteckte Kammern gibt, ob sie sich hinter, unter oder über schon entdeckten Grabstätten verbergen“,
erklärt Amgat Botros. Selbst wenn sich Grabungen wie im Schacht K vielversprechend anlassen, sind Enttäuschungen nicht ausgeschlossen. Korridore und Treppen enden im Nichts. Dekorierte Flächen entpuppen sich als Scheintüren.
Hinabsteigen in unterirdische Paläste
Der zentrale Platz, wo sich heute Tausende Touristen drängen und sich Howard Carter durch den Boden wühlte, übte schon vor 2000 Jahren eine ungeheure Faszination auf Zeitgenossen aus.
Etwa 40 in Felsgrotten ausgehauene Königsgrüfte, wundervoll ausgebaut und der Besichtigung wert
pries der Geograph Strabon das Tal der Könige nach seinem Besuch um das Jahr 25 vor Christus.
Von Göttern und höfischem Leben
In eine Handvoll Gräber kann der Tourist heutzutage hinabsteigen, wie beispielsweise in die Gruft von Ramses III. Von wegen Gruft. Die Bezeichnung unterirdischer Palast fasst es wohl besser. 188 Meter geht es in den Fels hinein, und bei der Ausstattung der Kammern und Korridore klotzte Ägyptens letzter großer Herrscher so richtig – so großartig sind die Abbildungen der Götter, die Darstellungen höfischen Leben mit Harfenspielern, Fressgelagen und sonstigen weltlichen Vergnügungen.
Wenn Regenfluten die Gräber zerstören
Namensvetter Ramses, der Bauwütige, hatte weniger Glück mit seiner postmortalen Immobilie. Eigentlich regnet es nie in dem kargen Tal der Toten, wenn doch, dann aber so heftig, dass für kurze Zeit reißende, mit Geröll beladene Ströme durch das Tal schießen. Die Gruft des großen Pharaos stand monatelang unter Wasser. Die Malereien sind zerstört, Besucher bleiben außen vor.
Wer die berühmte Totenmaske des Kindpharaos und all die anderen kostbaren Grabbeigaben sehen möchte, ist im Tal der Könige ohnehin an der falschen Adresse: Die Schätze sind das Highlight des neuen Ägyptischen Museums in Kairo, gleich neben den Pyramiden.