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Das “La Maison”: französische Lebensart in Saarlouis

Was tun, wenn man mit Anfang 50 arbeitslos wird, zum Glück aber über ein gut gefülltes Bankkonto verfügt? Geistig trägere Zeitgenossen wären womöglich auf eine Trauminsel abgeschwirrt, hätten sich dem süßen Müßiggang hingegeben. Nicht so Günter Wagner, Saarländer aus ganzem Herzen, ein Feingeist mit Liebe zum Detail, ein Visionär, der sich trotz warnender Stimmen an ein ambitioniertes Vorhaben wagte. Saarlouis, saarländisches Schmuckstück mit rund 35 000 Einwohnern, ist nicht der Nabel der Welt. Eher Provinz-Perle mit kriegerischer Vergangenheit, sichtbarer Festungshistorie und einem Ford-Werk. Ausgerechnet hier – nicht etwa im nahen Saarbrücken oder im hippen München – erfüllte sich der 58-Jährige einen Lebenstraum: ein stylisches Boutiquehotel mit dem Namen “La Maison”.

In diesem hübschen Haus ist das Bistro “Pastis” untergebracht.

Geadelt von der “Times”

„La Maison“. Das Haus. Klingt ziemlich tiefgestapelt, angesichts der Tatsache, dass die Herberge, nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt, ein schmuckes Vier-Sterne-superior-Haus ist. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 2015 heimst sie einen Architekturpreis nach dem anderen ein, darunter den European Hotel Design Award. Die Gäste aus aller Herren Länder überbieten sich mit Lobeshymnen auf das stilvolle Ambiente und die überragende Küche. Boulevardblätter und Fachmagazine preisen den stimmigen Mix aus herrschaftlicher Villa und auffälligem Anbau.

Der Ritterschlag für das hinreißende Boutiquehotel in der französischsten Stadt des Saarlandes kam aus New York. Die renommierte „Times“ katapultierte das „La Maison“ auf eine Liste aus acht europäischen Häusern, in denen sich der Gast wie daheim fühle. Nur besser!

Unikate und Kunstinstallationen finden sich überall im “La Maison”.

Regional verbunden und gleichzeitig weltoffen

Wenn der frischgebackene Hotelier Günter Wagner über sein „Baby“ spricht, kann er seine Freude, seinen Stolz über das Erreichte nicht verbergen. „Ich wollte ein Hotel, das chic und stilvoll ist, gleichzeitig leger und unverkrampft, regional verbunden und gleichzeitig weltoffen“, erzählt der gebürtige Saarländer, dessen Leben sich drei Jahrzehnte lang buchstäblich um Pizza drehte.

Wagners Vater Ernst, Bäcker und Gastronom im nordsaarländischen Dorf Braunshausen, hatte von einer Italienreise Anfang der 70er Jahre eine clevere Geschäftsidee mitgebracht: Warum sollte es den üppig belegten Fladen nicht als Tiefkühlvariante geben? Die Wagners hatten Glück, weil der Markt auf die runden Dinger aus dem Steinofen gewartet hatte. Sohn Günter stieg in das Familienunternehmen ein, ebenso wie die Schwester und der Schwager. Alle drei waren gemachte Leute, als sich die Gründerfamilie gänzlich aus dem Unternehmen zurückzog.

Der schönste Ort des Hauses: die Bar mit direkter Verbindung zur Terrasse.

Das “La Maison” ist Wagners Lebenstraum

Was macht ein Macher mit der wiedergewonnenen Freiheit? Offenbar haben die gastronomischen Wurzeln von Ernst Wagner auf die nächsten Generationen abgefärbt. Enkelin Kathrin Sersch betreibt die „Seezeitlodge“ am Bostalsee; Sohn Günter herrscht zusammen mit seinem Team über das „La Maison“. „Saarland-Nostalgie einer Unternehmerfamilie, die es sich leisten kann“, spöttelte die Presse.

Einen Unterschied gibt es dennoch: Die „Seezeitlodge“, die auf einem bewaldeten Kap über dem Bostalsee im Sankt Wendeler Land thront, ist ein auffälliger Neubau mit Hunderten silbrig-grau schimmernder Holzlamellen an der Fassade; das Herz des „La Maison“ ist eine noble Villa aus dem 19. Jahrhundert, in der früher Recht gesprochen wurde.

Im alten Gerichtssaal werden die sterne-dekorierten Menüs serviert.

Gerichtsgebäude wird zum Hotel

Das Oberverwaltungsgericht mit Hausmeisterhaus am Prälat-Subtil-Ring hatte mehrere Jahre leer gestanden und war in einem furchtbaren Zustand. „Wir hätten das historische Ensemble auch abreißen können, stattdessen haben wir es komplett entkernt und behutsam saniert“, erzählt der Hotelier. Er investierte einen zweistelligen Millionenbetrag in das Projekt. Die Aufgabe der Architekten: Das Alte zum Strahlen zu bringen und es mit dem Neuen zu verzahnen.

Zum Alten gehört der ehemalige Richtersaal, der allein schon wegen seiner Höhe etwas Ehrfürchtiges an sich hat; heute ist hier das Gourmetrestaurant „Louis“ untergebracht; das Neue verkörpert der schlichte, gradlinige Anbau, ein minimalistischer Kubus mit einem ungewöhnlichen Gewand aus eloxiertem Aluminium. Genau dieser Kontrast, das Zwiegespräch zwischen Alt und Jung geben dem „La Maison“ seine unverwechselbare Ausstrahlung. Die Klammer zwischen den einzelnen Gebäuden ist der parkähnliche Garten mit seinen Baumriesen und die großzügige Terrasse aus Travertin. Sie ist der ideale Ort für den abendlichen Absacker.

Ein Designertraum: das Treppenhaus im “La Maison”.

Hingucker gibt es viele

Wagners Liebe zum Detail und sein glückliches Händchen bei der Auswahl der Architekten und Designer zeigt sich an jeder Ecke des gastlichen Hauses. Schon die Lobby ist ein Hingucker, wegen der Qlocktwo, einen Designklassiker Made in Germany. Ich musste schon zweimal hinsehen, um in der Matrix aus scheinbar zufällig angeordneten Buchstaben die richtige Uhrzeit zu erkennen. „Ich habe sie entdeckt, als ich für meine Frau Schmuck kaufen wollte“, verrät der Chef, dessen Kunstwerke ebenfalls ins Hotel wanderten.

Die verglaste Hotelküche ist einer der vielen Hingucker.

Hingucker gibt es viele: die verglaste Gourmetküche, wo ein emsiges Küchenteam bis spät in die Nacht arbeitet; die elegant geschwungene Treppe mit ihren verzaubernden Leuchten, die eher einer Skulptur, denn einem profanen Brückenkopf zu den Zimmern gleicht; das Bronze-Schwein und die drei Affen, die nichts sehen, nichts hören und nichts sagen. Selbst die Geschichte von Saarlouis, das von den Franzosen gegründet wurde, wird zum Dekorationselement: ausgesuchte Zitate – mal deutlich, mal versteckt, oft augenzwinkernd, gelegentlich auch unkonventionell – erinnern an den Sonnenkönig. Und alte Zeichnungen der alten Festungsstadt mit ihren sternenförmigen Grundriss dienen als Grundlage für eine Lichtinstallation hinter der Rezeption.

Die extravaganten Wandleuchten stammen aus einem schwedischen Kino.

Die Wandleuchten hingen in einem Kino

Die Handschrift der Einrichtungsexpertin Conni Kotte ist nicht zu übersehen; ihre außergewöhnlichen Vintage-Stücke passen perfekt zum historischen Rahmen des einstigen Verwaltungsgebäudes. Die Hamburgerin brachte ein Repertoire an ausgesuchten Unikaten und eigens hergestellten Objekten ein. Da zieht zum Beispiel ein fünfteiliger und mit Tapete bespannter Paravent die Blicke auf sich, da fügen sich kleine Beistelltische funktional und ästhetisch in den Raum. Da flankieren Bergère-Sessel ein großes Sofa. Die hübschen Wandleuchten mit ihrer Jugendstil-Ornamentik stammen aus einem Lichtspielhaus in Schweden. Jetzt hüllen sie Bar und Bibliothek in ein gedämpftes Licht.

Zimmer namens Ratatouille und Chocolat

So sorgsam sich Wagners Kreativ-Team an die Ausgestaltung der öffentlichen Räume machte, so behutsam ging sie auch bei den Zimmern vor. Derzeit verfügt das „La Maison“ über 38 Rückzugsorte von der hektischen Welt. 33 liegen im Neubau, zwei Villen-Zimmer und drei Themen-Suiten wurden in der historischen Villa untergebracht. Im Herbst kommen 13 weitere Zimmer in einem zweiten Neubau dazu.

Unser Zimmer “Louis” in der historischen Villa…

Der Clou sind ohne Zweifel die Themen-Suiten mit kulinarisch klingenden Namen wie Ratatouille und Chocolat. Sie leben von ihrem großzügigen Schnitt, dem Nachtlager zum Träumen, der frei stehenden Badewanne, den farblichen und gestalterischen Anspielungen auf die Namensgeber. So erinnern die Fliesen im „Chocolat“ an Schokoladeriegel. Im „Ratatouille“ entdeckt man bei genauerem Hinsehen das Bild eines Mäuselochs – in Anlehnung an den gleichnamigen Hollywood-Blockbuster.

Ein Senkrechtstarter herrscht über die Küche

Dass das „La Maison“ als eine der besten Adressen des kleinsten Flächen-Bundeslandes der Republik gilt, liegt auch an der exzellenten Küche, für die Martin Stopp, ein Kind des Saarlandes, verantwortlich ist. Gelernt hat der Senkrechtstarter unter den Köchen beim Aromen-Zauberer Klaus Erfort. Später folgte er dem Sternekoch auf die „Bühlerhöhe“. Nach weiteren Stationen landete er in Saarlouis.

Das Bistro: der richtige Ort zum Schlemmen.

Ein Bistro und das Allerheiligste

Im Bistro „Pastis“ – ein dekoratives Raumwunder mit großer Bar und lichtdurchflutetem Wintergarten- huldigt Frische-Fanatiker Stopp der französischen Lebensart, tischt in Burgunder geschmortes Boeuf Bourguignon, Steak Pastis oder eine Bouillabaissse auf. Im „Louis“, dem kulinarischen Allerheiligsten, zeigt der jahrgangsbeste Küchenmeister Südwestdeutschlands, warum er den Michelin-Stern mehr als verdient hat. Wer an einem der stilvoll gedeckten Tische im alten Gerichtssaal Platz nehmen darf, kann sich auf eine die Sinne betörende Geschmacksreise freuen. Wir entschieden uns für das achtgängige Menü und ließen uns von Isländischem Saibling, Maibock in Pfeffer und auf Salz gegartem Kaisergranat verführen. Den süßen Abschied mit Petit Four müssen wir das nächste Mail nachholen.

Den Königs gefiel`s

„Hier ist jede Übernachtung eine Verwöhnung für das Auge und die Zunge gleichermaßen“, schrieb Bundespräsident Frank Walter Steinmeier ins Gästebuch des La Maison. Ähnlich begeistert war Schauspielerin Anna Loos, die während der Dreharbeiten der Saarland-Krimi-Reihe „In Wahrheit“ im „La Maison“ nächtigte. Kann es eine Steigerung in den Society Kolumnen der Boulevardblätter geben? Es kann. Erst kürzlich grüßte das niederländische Königspaar huldvoll von der Eingangstreppe des Hotels. Weil das Saarland kein Gästehaus besitzt, wurde das „La Maison“ kurzerhand in ein solches umgewandelt.

Zum Abschluss noch ein Blick in den Wintergarten und auf das Frühstücksbuffet…

 

Das Saarpolygon
Die Bergehalde Duhamel ist Landmarke, Symbol für Tradition und Wandel im Saarland und liegt nur wenige Kilometer vom „La Maison“ entfernt. Hier wurde Jahrzehnte lang jenes Material abgelagert, das bei der Kohleförderung anfiel. Alles in allem 32 Millionen Kubikmeter Gestein. Die 150 Meter hohe Halde ragt wie ein überdimensionierter Maulwurfshügel aus der Landschaft.

Seit September 2016 schmückt ein wahrlich unübersehbare, begehbare Großskulptur den künstlichen Berg: das 28 Meter hohe Saarpolygon, das je nach Standpunkt mal wie ein riesiges X, mal wie eine stählerne Brücke aussieht. Über neun Etagen erschließen Treppenläufe und Podeste das Innere des stählernen Giganten. Eine 40 Meter lange Brücke verbindet die beiden schräg stehenden Träger. Die einstündige Wanderung hinauf zur Halde sowie die 133 Stufen zur Brücke des Saarpolygons lohnen sich: Einen schöneres Ausblick auf das Saarland gibt es nirgendwo.

 

Ich war auf Einladung des Hotels “La Maison” für drei Tage im Saarland. Trotzdem bewahre ich mir meine journalistische Unabhängigkeit, denn bezahlt werde ich nicht für meine Einschätzung. Wenn meine Zeilen begeistert klingen, dann deshalb, weil mir das Haus ausnehmend gut gefallen hat.

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Roswitha:
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