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Auf der Spur des Tasmanischen Teufels in Hobart

Landschaft bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland

Eigentlich hätte die “Vasco da Gama” einen dritten Hafen in Tasmanien ansteuern sollen: Burnie, eine Stadt an der Nordwestküste der Insel, deren Stadtbild sich viel historischen Charme bewahrt hat. Doch die arbeitsunwilligen Lotsen haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Stattdessen geht es auf der zweiten Etappe der Seereise von Australien nach Neuseeland direkt nach Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens.

Die Geschichte Tasmaniens

Für die meisten Australier ist die größte Insel ihres Landes fremdes Terrain. Im südlichsten Bundesstaat gibt es keine rostfarbenen Wüsten wie im Outback, kein dürres Buschland mit Salzseen, dafür bemooste Wildnis, feuchte Nebelwälder mit baumhohen Farnen sowie tosende Brandung.  In der lässt es sich an heißen Sommertagen sogar baden. Wärst du auf der Nordhalbkugel, befändest du dich auf der geografischen Breite von Istanbul oder Barcelona.

das Postgebäude von Hobartr auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Das Postgebäude in Hobart wurde im edwardianischen Stil errichtet.

Die Entdeckung durch Abel Tasman

Die Bass Strait, wo es ganz schön ruppig werden kann, wenn die Roaring Forties durch die Meerenge toben, trennt das Festland von Tasmanien. Der niederländische Entdecker Abel Tasman schenkte der 68 000 Quadratkilometer großen Insel wenig Beachtung, als er 1642 vorbei segelte. Stattdessen benannte er das Eiland nach dem Generalgouverneur von Niederländisch-Indien, Anton van Diemen. Erst 1856 wurde  Van Diemen‘s Land in Tasmanien umbenannt.

Der Hafen von Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens
Der Hafen von Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens: Hier legte auch die “Vasco da Gama” an.

Maritimes Flair in Hobart

Hobart wurde 1804 als Sträflingskolonie gegründet und ist damit Australiens zweitälteste Stadt. Mit seinen 210 000 Einwohnern ist Tasmaniens Hauptstadt ziemlich überschaubar. Dem Meer vor der Haustüre sowie dem Derwent River um die Ecke verdankt die Stadt zu Füßen des 1271 Meter hohen Mount Wellington sein maritimes Flair.

In den hübschen Restaurants entlang der Franklin Wharf, wo traditionell die legendäre Sydney-Hobart-Regatta endet, werden Hummer, Langusten und Austern für einen Spottpreis serviert. Riesling, Pinot Noir oder Chardonnay sind heimische Gewächse – schließlich wurde schon 1823 unweit von Hobart der erste Weinstock gepflanzt. Heute gilt vor allem das Tamar Valley als gute Adresse für Weinliebhaber.

Kolonialarchitektur in Hobart

Es wäre mühelos möglich, zwei, drei Tage in Hobart zu verbringen. Die Stadt ist gesegnet mit vielen historischen Gebäude, wie die “Hope and Anchor”-Taverne aus dem Jahr 1807, die Ingle Hall an der Ecke Macquarie/Argyle Street oder das Postgebäude im edwardianischen Stil. Zu dessen Grundsteinlegung im Jahr 1901 kam der Herzog von York nebst Gattin in die entlegene Ecke des Empire.

die "Hope and Anchor"-Taverne in Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland

die "Hope and Anchor"-Taverne in Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Beispiele von Hobarts kolonialer Architektur: die “Hope and Anchor”-Taverne aus dem Jahr 1807 (unten) sowie die Ingle Hall.

Aus Alt wird neu: die Salamanca Street

Noch zur Jahrtausendwende waren die alten Lagerhäuser aus den 1830er Jahren an der Salamanca Street kein Aushängeschild. In die heruntergekommene Ecke unweit des langgezogenen Parlamentsgebäudes verirrte man sich besser nicht.

Heute beherbergen die sorgsam restaurierten Sandsteingebäude Boutiquen, Kunstgalerien mit Werken tasmanischer Künstler, Restaurants, Cafés und Pubs. In eine ehemalige Konfitürenfabrik ist ein kleines Hotel eingezogen, das Herberge und Kunstgalerie in einem ist. Die Kunstwerke, die die Gänge, die Lobby und weitere öffentliche Räume zieren, stehen alle zum Verkauf.

das Parlamentsgebäude sowie die alten Lagerhäuser an der Salamancastreet in Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland

das Parlamentsgebäude sowie die alten Lagerhäuser an der Salamancastreet in Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
das Parlamentsgebäude von Hobart (unten) sowie die alten Lagerhäuser an der Salamancastreet.

Das MONA: Kunst in futuristischem Bau

Der wohl größte Trumpf von Tasmaniens Hauptstadt ist das MONA, das “Museum of Old and New Art”. Der futuristische Bau ist das größte private Kunstmuseum Australiens, das sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren Anziehungspunkt für Hobart entwickelt hat. Es liegt etwas außerhalb der Stadt am Ufer des Derwent und ist per Auto in etwa 20 Minuten oder gemütlich mit der Fähre in etwa einer halben Stunde zu erreichen.

Zu verdanken ist die Sammlung dem tasmanischen Millionär David Walsh. Der war in bescheidenen Verhältnissen in Hobarts Vorort Berridale aufgewachsen und hatte es als “Gamblig Mogul” zu Reichtum gebracht.

Sein Geld legte der grauhaarige Berufsspieler in Kunst an; Kunst, die nicht jedermann gefiel und heftige Diskussionen auslöste. So sind im Mona Abdrucke weiblicher Geschlechtsorgane von Greg Taylor zu finden, ägyptische Sarkophage mit Mumien sowie Wim Delvoyes “Cloaca Professional” – eine Maschine, die das menschliche Verdauungssystem nachbildet.

Ein paar Impressionen aus Hobart

Ins Umland von Hobart

Wir haben für unseren Aufenthalt in Hobart andere Pläne. Denn uns stellt sich die Frage: Wo bitte ist der Tasmanische Teufel? Das größte fleischfressende Beuteltier der Welt in freier Natur zu Gesicht zu bekommen, käme einem Sechser im Lotto gleich.

Denn dem Bürschchen mit dem gedrungenen Körper, den kurzen Beinchen, den Knopfaugen und den wahrlich furchterregenden Beißerchen ist das Aufeinandertreffen mit Menschen nicht sonderlich gut bekommen.

In Australien galt das schwarze Teufelchen als ausgestorben. Doch dann setzte sich eine Organisation mit prominenter Unterstützung des australischen Schauspielers Chris Hemsworth für eine Auswilderung von 28 Tieren ein. Die leben jetzt in dem 400 Hektar großen Wildschutzgebiet Barrington Tops rund 200 Kilometer nördlich von Sydney.

Auf der Spur des Tasmanischen Teufels

Nennenswerte Populationen des als Viehdieb verunglimpften und deshalb gnadenlos verfolgten Tieres gibt es nur noch auf der Insel Tasmanien; doch auch dort ist eine Begegnung mit dem scheuen Insekten-, Kleintier- und Aasliebhaber eher selten.

Also raus aus Hobart und hinaus ins Land, wo die Spuren der menschlichen Zivilisation seltener werden, wo sich Hügel und Berge so präsentierten wie vor 200 Jahren, als die ersten Siedler auf Tasmanien, der „Insel unter der Insel“, landeten.

Im Bonorong Wildlife Sanctuary bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Im Bonorong Wildlife Sanctuary kannst du Kängurus füttern und einige der einzigartigen tasmanischen Tiere – insbesondere den Teufel – hautnah beobachten.

Im “Bonorong Wildlife Sanctuary”

Das “Bonorong Wildlife Sanctuary”, dessen Mitarbeiter sich für die Sensibilisierung der Bevölkerung zum Schutz der Wildtiere einsetzen und Tierwaisen liebevoll aufpäppeln, liegt etwa eine halbe Autostunde entfernt von der quirligen Hafenstadt, mitten im Busch, umgeben von Eukalyptuswald und Weideland.

In dem Tierheim werden verletzte Tiere medizinisch behandelt. Hier werden Tier-Waisen von Hand aufgezogen, die in den Beuteln ihrer überfahrenen Mütter überlebt haben.

Roadkill ist auf australischen Straßen ein riesiges Problem

erzählt Vernon, einer der freiwilligen Helfer des “Bonorong Wildlife Sanctuary”.

Die kurze Fahrt von Hobart zu dem Schutzgebiet hat seine Auffassung bestätigt: Massentöten gehört offenbar zum tasmanischen Alltag. Überall am Straßenrand liegen tote Kängurus, Wombats und sogar Teufel. Der Aasfresser ist dabei doppelt gefährdet, weil er zumeist nachts die Straßen quert und sich hungrig an den getöteten Tieren bedient.

Begegnung mit dem Teufel namens “Wish”

Auch “Wish” kam schwer verletzt in das Schutzgebiet, wo er im angeschlossenen Krankenhaus gerettet wurde. Den Namen gaben ihm die Volunteers, wohl in der Hoffnung, dass er das folgenreiche Zusammentreffen mit einem Auto überlebt. Mittlerweile ist das Kerlchen mit dem schwarzen Fell und der hellen Nase fünf Jahre alt und damit ausgewachsen.

Neugierig streift er durch sein Gehege, das mit kleinen Hügeln, strauchigen Unterschlupfen und dunklen Tunneln seinem natürlichen Lebensraum nachgebildet ist. Das Kerlchen scheint entspannt zu sein, blickt interessiert die seltsamen Zweibeiner an und beschnüffelt die Eindringlinge in seinem Revier.

Im Bonorong Wildlife Sanctuary bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
“Wish”, der Tasmanische Teufel, ist einer der Bewohner des Bonorong Wildlife Sanctuary.

Possierlich, aber ganz schön bissig

Der kann doch keiner Fliege ein Leid antun, kommt mir angesichts des possierlichen Tierchens mit den dunklen Kulleraugen und der etwas zu kurz geratenen Schnauze in den Sinn. Doch weit gefehlt. Kaum hält Vernon seinen Schuh vor Wishs Schnauze – ein outdoortauglicher Wanderstiefel mit dicker Profil-Sohle -, verwandelt sich das zuvor so friedliche Tierchen in einen aggressiv fauchenden Berserker.

In Sekundenbruchteilen verkeilen sich die spitzen Beißerchen in der Sohle und lassen ihr „Opfer“ nicht mehr los. Irgendwie bin ich jetzt doch heilfroh, dem Teufelchen nicht in freier Wildbahn begegnet zu sein.

Zu lesen, dass die bis zu zwölf Kilogramm schweren und bis zu 60 Zentimeter langen Raubbeutler eine ungeheure Beißkraft haben und selbst Knochen mühelos knacken, ist das eine. Es mit eigenen Augen zu sehen das andere.

Im Bonorong Wildlife Sanctuary bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Die Beißerchen des Tasmanischen Teufels können selbst Knochen knacken.      Foto: MappingMeganTravel

Besser als sein Ruf: der Tasmanische Teufel

Der Tasmanische Teufel hatte nie einen guten Ruf, weder bei den Aborigines, die seit 40.000 Jahren durch Australiens Wildnis streifen, noch bei den Europäern, die es als ganz selbstverständlich betrachteten, das riesige Land zu erobern und auszubeuten.

Poirina, wie die Ureinwohner den schwarzen Gesellen nannten, galt in ihrem Universum als Dieb, der sich über das Gelege anderer Tiere hermachte. Zur Strafe wurde er vom Schöpfergott in ein kurzbeiniges Etwas mit einem zu groß geratenen Kopf verwandelt, das die Erde vom Aas verendeter Tiere zu säubern hatte.

Die britischen Kolonialisten betrachteten den Tasmanischen Teufel fälschlicherweise als Viehdieb, dessen Fauchen, Kreischen und Knurren nur ein Ding des Teufels sein konnte. Sie stellten ihm mit Fallen nach, legten Giftköder aus – mit dem Ergebnis, dass die Spezies fast ausgerottet wurde.

Die Population dürfte keine 25 000 Exemplare umfassen

erzählt Vernon, der Erlebnispädagoge, Wildnisexperte und Tierretter in Personalunion ist.

Krebs gefährdet den Tasmanischen Teufel

So aggressiv das Fauchen auf menschliche Ohren auch wirken mag: Für “Wish” und seine Artgenossen ist es ganz normale Kommunikation. Ob er jemals wieder in Freiheit entlassen wird? „Wir wissen es nicht“ räumt Vernon ein.

Außerhalb des Schutzgebietes lauern zahlreiche Gefahren für die vom Aussterben bedrohte Art. Die kommt keineswegs nur auf vier Rädern daher. Seit einigen Jahren ist der nachtaktive und  ziemlich neugierige Tassie, den es in jedem Souvenirladen als Plüschtier für die Kleinen und als Schlüsselanhänger für die Großen gibt, durch eine Krebsart gefährdet.

Bei der „Tasman Devil Facial Tumour Disease“ werden Tumorzellen durch Bisse und Speichelfluss von einem Tier auf das andere übertragen. Normalerweise breiten sich Krebszellen nur im eigenen Körper aus, bilden Metastasen in den Organen, Gelenken und Knochen.

Im Bonorong Wildlife Sanctuary bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Das Gelände des Bonorong Wildlife Sanctuary

Krebs des Tasmanischen Teufels ist hoch ansteckend

Beim Krebs des Tasmanischen Teufels ist das anders: Er ist hoch ansteckend, allerdings nur für die Spezies selbst. Viele Tiere werden grässlich entstellt. Sieverhungern elendiglich, weil sie wegen der Geschwulste in Mund und Rachen nicht mehr fressen können.

Ranger Vernon schätzt, dass in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten 80 bis 90 Prozent der Population ein Opfer der Seuche wurde. Vor dem Auftreten der Krankheit gab es wohl um die  150 000 Tiere in freier Wildbahn. Kängurus sowie all die anderen Vertreter der Tierwelt von Down Under seien dagegen nicht gefährdet.

Im Bonorong Wildlife Sanctuary bei Hobart auf der Insel Tasmanien, Neuseeland
Auch Kakadus leben in den Gehegen des Schutzgebietes.

Nachwuchspläne  beim Tasmanischen Teufel

Keine guten Aussichten für “Wish“ und seine Artgenossen. „Wir behalten ihn hier. In freier Wildbahn wäre die Gefahr einer Infektion einfach zu groß“, erzählt der Ranger, während er mühsam seinen Stiefel aus dem Würgegriff des angriffslustigen Rackers mit den roten Ohren befreit.

Ganz allein ist er nicht im “Bonorong Wildlife Sanctuary”: Es gibt supersüße, flauschige Wombats, die sich in der Pubertät wie Halbstarke gebärden; es gibt Emus, Schnabeligel, Papageien und ein paar Dutzend Kängurus, die faul im Schatten liegen und sich brav von den Besuchern füttern lassen.

Der Hafen von Hobart, der Hauptstadt Tasmaniens
Das “Abschiedskomitee” im Hafen von Hobart

Und dann gibt es da noch die nette Tassie-Dame, auf die Vernon und die anderen Tierschützer ihre Hoffnungen setzten. Auf dem Festland  waren solche Programme bereits erfolgreich. Ein halbes Jahr nach der Auswilderung im Wildschutzgebiet Barrington Tops wurden bereits 53 kleine „Joeys“ gezählt, wie die Jungtiere in Australien heißen, darunter auch ein Zwillingspärchen.

Vernon ist vor allem eine Botschaft wichtig: Entgegen ihres satanischen Namens seien Beutelteufel eine ruhige Spezies,die höchstens beim Kampf ums Futter ungastlich werden – manchen Menschen nicht unähnlich. “Mir geht es darum zu zeigen, dass der Tassie ein scheues, ja sensibles Tier ist. Die Identität der Menschen auf der Insel unter der Insel ist eng mit ihm verknüpft.”

Bei der Recherche wurde ich von Nicko Cruises unterstützt. Meine journalistische Unabhängigkeit bewahre ich mir trotzdem, denn ich bekomme kein Honorar. Wenn meine Zeilen begeistert klingen, dann weil mir Schiff und Tour gefallen haben. Dies ist meine persönliche Einschätzung.

Wenn du wissen möchtest, wie es auf unserer Seereise von Sydney nach Auckland weitergeht, schau einfach hier vorbei. Und hier gibt es noch mehr Impressionen von der 20-tägigen Seereise mit der Vasco da Gama.

 

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