Der Aufenthalt des berühmten Dichters im schönen Kurhotel im thüringischen Bad Liebenstein war selbst der “Königsberger Allgemeinen Zeitung” eine Notiz wert. Gerhard Hauptmann werde nicht müde zu rühmen, wie gut er und seine Frau Margarete dort untergebracht seien – im feudalen ”Kaiserhof”, der von außen wie ein Lustschloss aussehe und sich im Innern durch stimmungsvolle Eleganz auszeichne.
Inhaltsverzeichnis
Bad Liebenstein – ein Heilbad in Thüringen
Zwischen 1924 und 1927 stand der Besuch von Bad Liebenstein regelmäßig auf dem Reiseprogramm der Hauptmanns; Margarete litt an einer schweren Augenkrankheit und suchte Heilung bei dem Augenguru Graf von Wiser. Ihr Mann Gerhard nutzte die Zeit für ausgedehnte Spaziergänge über den Schlossberg zur Burgruine Liebenstein.
Gerhard Hauptmann entdeckte den Birnbaum
Dabei simmte er sich gedanklich auf neue Werke ein. Den “alten Birnbaum” aus seinem Gedicht gab es tatsächlich: Sein Standort war so markant, dass er bei Streitigkeiten über Gemarkungsgrenzen zwischen den Orten Steinbach und Schweina vor Gericht als Ortsbezeichnung verwendet wurde. Im frühen 20. Jahrhundert markierte er dem Kurgast in Liebenstein – so auch dem Schlesier Gerhard Hauptmann – den Weg zum Park von Schloss Altenstein.
Der Kaiserhof – die Geschichte
Ob Marlene Dietrich auch im “Kaiserhof” übernachtet hat? Belegt ist, dass sich der 16-jährige Backfisch aus Berlin auf die Sommerfrische im Thüringer Wald gefreut hatte. Doch der morgendliche Gang zum Heilbrunnen langweilte sie schnell. Andere Persönlichkeiten der Zeitgeschichte wie Jean Paul, Franz Liszt, Fritz Reuter oder Walter Gropius fanden mehr Gefallen an Parks, Wiesen und Wäldern – und womöglich auch am “Kaiserhof”. Der war als Stadtschloss der Herren von Fischern erbaut und von einem Sachsen-Meininger Herzog gekauft worden. Der Gute brauchte ein Kurhaus für seine adligen Gäste.
Spezialklinik für Augenleiden
In seiner 200-jährigen Geschichte hat das Haus Höhe- aber auch Tiefpunkte erlebt. Die feine Gesellschaft nutzte das vornehme Ambiente, um Kontakte zu pflegen. Während des Ersten Weltkrieges diente das Haus als “herzogliches Hoflager”. Danach florierte es als gräfliche Spezialklinik für Augenleiden. Die Sowjetarmee verwandelte den “Kaiserhof” in eine Truppenunterkunft; später wurden im “Volksheilbad Liebenstein” Herz-Kreislauf-Erkrankungen kuriert.
Neuanfang im Jahr 2006
Die Nach-Wende-Zeit brachte die Schließung des klassizistischen Baus. Zehn Jahre lang stand er leer, bis das Vier-Sterne-Haus “Kulturhotel Kaiserhof” zu Pfingsten 2006 neu eröffnet wurde.
Glück gehabt: Das benachbarte “Hotel Herzogin Charlotte” mit seinen imposanten Säulen und den griechischen Kapitellen verrottet seit Jahren, weil Investoren vergessen haben, dass Besitz auch Verpflichtung bedeutet. So verliert Bad Liebenstein ein geschichtliches Zeugnis, das Mitte des 19. Jahrhunderts als schönstes Gebäude des thüringischen Heilbades galt.
Der Kaiserhof – erste Eindrücke
Meine Erwartungen an den Kaiserhof habe ich nicht zu hoch geschraubt. Einige Bewertungen im Internet klangen nicht gerade freundlich, was Service, Personal und Kulinarik angeht. Allerdings lasse ich mich so leicht nicht schrecken, sondern mache mir lieber ein eigenes Bild.
Wenn sich Hotelgäste darüber beschweren, dass sie an Weihnachten einen nicht unerheblichen Aufschlag zahlen müssen, dass der Duschvorhang womöglich aus einem großen schwedischen Möbelhaus stammt und das abendliche Drei-Gang-Menü keine Drei-Sterne-Qualität hat, tue ich das als allgemeines Gemeckere ab. Bei einem Übernachtungspreis, für den es allerhöchstens einen größeren Blumenstrauß gibt, erwarte ich keine Herberge der Luxuskategorie.
Tristesse – dem Wetter geschuldet
Auch ich hätte mich in den Chor der Kritiker einreihen können, denn die äußeren Umstände waren nicht gerade stimmungsfördernd. Statt in winterlichem Schneekleid präsentierte sich der Thüringer Wald im freudlosen Herbstdress. Statt Sonne satt gab es Nebel pur. Er verschluckte nicht nur den kümmerlichen Rest an Farben, sondern gleich noch die sanft geschwungenen Höhenzüge und die Burgen auf deren Spitzen. Burg Liebenstein, die ihre Existenz einer der ältesten thüringischen Ritterfamilien verdankt und die dem Ort zu ihren Füßen seinen Namen gab, bekamen wir in den drei Tagen nicht zu Gesicht. Sieht man einmal von dem abendlichen Lichterschein ab, der sich gegen den dicken Nebel zu behaupten wusste.
Kern des historischen Kurviertels
An grauen Wintertagen wirkt auch der Kaiserhof nicht wirklich majestätisch. Beraubt um das Blätterkleid der mächtigen Bäume, die vor der Terrasse Spalier stehen, entkleidet der bunten Blumenbeete vor dem Eingang wirkt jedes noch so schöne Gebäude eher trist. Dabei zählt der “Kaiserhof” zum Kern des historischen Kurviertels von Bad Liebenstein, dem ältesten Heilbad des gesamten Freistaates.
Schon im 16. Jahrhundert pilgerten Heilung Suchende zum „Suerborn“ (Sauerbrunnen). Im 17. Jahrhundert ließ der Landesherr erste bequeme Wohnungen für Kurgäste bauen und die Brunnen einfassen sowie überdachen. Im Lauf de Geschichte entstanden in Liebenstein feudale Hotels sowie Kurheime und die Augenheilanstalt brachte dem Ort internationales Renommee ein. Zu DDR-Zeiten war das 1907 zum Heilbad erhobene Liebenstein das größte Herzheilbad des Arbeiter-und Bauernstaates, wo Werktätige, aber auch Regierungsangehörigen wie Walter Ulbricht kurten.
Hier nun mein Eindruck des Hotels:
Das Zimmer
Unser Zimmer lag in der dritten Etage mit Blick auf das moderne Kurhaus mit dem Bali-Spa, der Sauna-Lounge und dem Physio-Center. Der Blick auf die Flaniermeile Esplanade, wo sich Bad Liebensteins historische Bauten aufreihen, wäre sicherlich schöner gewesen. Doch angesichts des miesen Wetters verschwanden die Hänge des Thüringer Waldes ohnehin im Grau.
An der Ausstattung des Zimmers gab es für mich nichts zu meckern. Großer Schrank, zwei Sessel, Fernseher, Bett – alles da, was der Mensch braucht, der seine Zeit liebsten im Freien verbringt. Auch das Bad, an dem sich im Internet ziemlich viel Kritik wegen “fehlenden Wellness-Klimas” entzündete, ließ uns nicht verzweifeln. Gut, der Duschvorhang dürfte keine Design-Preise abräumen. Aber mir ist Sauberkeit ohnehin wichtiger. Und für Wellness-Liebhaber gibt es die separate 700 Quadratmeter große Wohlfühloase. Bademäntel und –schlappen fanden sich im Schrank.
Die Wellness-Oase
Schon am Eingang wirbt der Kaiserhof mit seinem Spa. Dafür gab es 2011 den “Thüringer Gastronomiepreis”. Als leidenschaftliche Saunagängerin und verwöhnt durch den heimischen Wohlfühltempel war ich vom Angebot im “Kaiserhof” ernüchtert. Eine 90-Grad-Sauna sowie eine 60 Grad warme Dampfsauna – das war es auch schon mit Schwitzstuben. Zwischen den einzelnen Saunagängen kann man sich unter den Schwalldüsen im Außenbereich abkühlen. Oder man ruht sich auf heißen Steinen oder den Liegen aus. Letztere dürften aber kaum ausreichen, wenn alle Hotelzimmer belegt sind.
Zum Wellness-Angebot zählen auch Massagen, Bäder, Packungen und Peelings; allerdings habe ich die nicht ausprobiert. Verlockend klingt das Cleopatra-Bad mit Milch und Honig für zwei Personen sowie das Ganzköperpeeling namens “Ein Spaziergang am Meer”.
Das Restaurant
Gleich neben der Rumbar mit ihrem englisch anmutenden Mobiliar liegt der schönste Saal des “Kaiserhofs”. Riesige Kronleuchter, dunkelrote Tapeten an den Wänden und schwere Vorhänge vor den Fenstern schaffen ein wohliges Ambiente, das gelegentlich für ein Candle-Light-Dinner genutzt wird. Hier wird morgens das Frühstück serviert. Abends treffen sich hier die Halbpensions-Gäste. Auch à la carte ist möglich.
Angenehm überrascht hat uns die Auswahl am Frühstücksbüffet. Wurst, Käse, Eierspeisen, frisches Obst, Joghurt, Marmelade, dazu -passend zur Jahreszeit –Original Dresdner Christstollen waren ein perfekter Einstieg in den Tag. Abends haben wir uns für einen Fischeintopf als Vorspeise sowie die Bachforelle entschieden: Ordentlich, aber geschmacklich nicht überragend. Unser Urteil: Die Küche hat Potenzial nach oben, denn Vier-Sterne-Niveau sieht anders aus.
Langweilig muss der Aufenthalt in dem Heilbad dennoch nicht sein. Der Rennsteig, der 170 Kilometer lange Fernwanderweg, liegt praktisch vor Bad Liebensteins Haustüre. Die Altensteiner Höhle, Thüringens älteste Schau- und Naturhöhle, die vor mehr als 200 Jahren erschlossen wurde, kann auch in den Wintermonaten besichtigt werden. Und der Landschaftspark von Schloss Altenstein ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.
Zwei Kilometer sind es von der Ortsmitte Bad Liebensteins bis zum Eingang des Parks, der mit seinen 160 Hektar einer der größten historischen Landschaftsparks Thüringens ist. Was auf den ersten Blick den Gestaltungswillen von Landschaftsgärtnern vermuten lässt, hat sich die Natur zunächst ganz allein ausgedacht. Sie gab die Vorlage und setzte die Sichtachsen, an denen Männer wie von Pückler-Muskau oder Lenné ihre Träume von Gartenkunst verwirklichten. Auch Johann Wolfgang von Goethe soll Anregungen gegeben haben. Die Ritterkapelle, wo sich einst Freimaurer trafen, thront auf einer Felsklippe und die Teufelsbrücke spannt sich zwischen zwei Felsen über einer tiefen Schlucht.