X

Ein Ort für Kur und Kür: das Karlsbader Grandhotel Pupp

Der Drink würde selbst der geheimnisvollen Lady mit den dunklen Katzenaugen munden. Ein Schuss Gin, eine Dosis Wodka, eine Portion Lillet Blanc, ein wenig Zitrusaroma und der in Karlsbad unverzichtbare Becherovka-Likör – fertig ist der Cocktail “Vesper 007”. Die Hommage an die schöne Agentin ist wahrlich ein süffiges Stöffchen. Deshalb zählt der spritzige Cocktail zu den Favoriten in der Becher’s Bar im Grandhotel Pupp in Karlsbad.

Das Grandhotel Pupp: wo James Bond tafelte

Kann es einen besseren Ort geben, um in die Welt des coolen Meisterspions James Bond und seiner schönen Gespielin einzutauchen, als diese Bar in der Karlsbader Hotellegende?

Schwere Ledersofas, karierte Stoffe und Backsteinwände schaffen eine Atmosphäre wie in einem englischen Club. Bonds (Film-)Chefin blickt von Schwarz-Weiß-Aufnahmen auf die Gäste herab und hinter den Tresen mixt Barkeeper Vitezslav Cirok Cocktails und Longdrinks. Der Tscheche zählt zu den besten der Welt. Dies hat er von einer fachkundigen Jury bestätigt bekommen. Bei den inoffiziellen Weltmeisterschaften landete der Barkeeper auf einem hervorragenden dritten Platz, was den Ruf der Becher’s Bar als Dorado für Nachtschwärmer gestärkt hat.

Das Grandhotel “Pupp” zählt zu den besten Häusern Karlsbads.

James Bond und das Grandhotel Pupp: Das ist ein unschlagbares Doppelpack, eine erfolgreiche Kombi, von der beide Seiten profitiert haben. Welcher Kinofan erinnert sich nicht an “Casino Royale”, in dem es der beste Mann ihrer Majestät mit dem Börsenspekulanten Le Chiffre zu tun bekommt.

Karlsbad statt Montenegro

Laut Filmdrehbuch steigt der britische Geheimagent zwar im montenegrinischen Luxushotel “Splendide” ab, um sich mit dem Schurken ein dramatisches Pokerduell zu liefern. Gedreht wurde der höchst erfolgreiche Streifen, in dem Schauspieler Daniel Craig seinen Einstand als Agent mit der Lizenz zum Töten gab, aber zu großen Teilen in Karlsbad, dem Heilbad am Flüsschen Tepla.

Im nächtlichen Lichterglanz: das Grandhotel “Pupp”

Wer vor der imposanten Fassade des Fünf-Sterne-Hauses steht, wird die Filmkulisse auf Anhieb erkennen, wo der sonst so coole Frauenvernascher ganz schön schwach wird angesichts der attraktiven Vesper Lynd. Auch andere Karlsbader Orte sind durch den 007-Streifen zu Filmehren gekommen. Im Restaurant des “Pupp” speisten die beiden Hauptdarsteller Daniel Craig und Eva Green. Im benachbarten “Kaiserbad” mit seinem imposanten Treppenhaus wurden die Casinoszenen gedreht.

Tafelfreuden unterm Kronleuchter: das Restaurant des “Pupp”

Einige Bedienstete des “Pupp” wirkten als Statisten im Film mit, wie einer der Portiers der Nobelherberge. Jitka Markusova kam den Stars noch näher: Sie arbeitete damals als Zimmermädchen im Flaggschiff der Karlsbader Hotellerie. Später stieg die Absolventin des Karlsbader Tourismus Collegs zur PR-Chefin des Hauses auf, das auf über 300 Jahre Geschichte zurückblicken kann.

Das Pupp: Geschichte einer Hotellegende

Eigentlich begann alles schon Mitte des 14. Jahrhunderts. Angeblich soll Karl IV., König von Böhmen und römisch-deutscher Kaiser, während der Pirsch durch die Wälder entlang der Tepla auf ein blubberndes Wasserloch gestoßen sein, wo er sein verletztes Bein kurierte.

Der Herrscher ist entzückt von so viel heilkräftiger Natur. Er lässt sich flugs ein Schloss errichten und initiiert eine Art Badebetrieb. Ihm folgen Generationen von Landesherren, Aristokraten, Geldadel und Literaten. Sachsens prunksüchtiger Regent August der Starke schaut im frühen 18. Jahrhundert vorbei und lässt – just an der Stelle, wo heute das “Pupp” steht – ein Vergnügungsetablissement bauen. Das trägt den Namen “Sächsischer Saal”. Schon bald gesellt sich der “Böhmische Saal” dazu.

Karlsbads Schokoladenseite: Prächtige Bauten stehen rechts und links der Tepla.

Das Pupp:  Aufstieg zum ersten Haus Karlsbads

In Karlsbad zu kuren, kommt in Mode – wobei man sich den Aufenthalt keineswegs als Heidenspaß vorstellen darf. Die feinen und weniger feinen Herrschaften müssen stundenlange Bäder in heißem Wasser über sich ergehen lassen und schleppen sich anschließend von einer Quelle zur nächsten, um sie das mineralienreiche Heilwasser literweise in sich reinzukippen. Im Stadtmuseum, nur wenige Gehminuten vom “Pupp” entfernt, wird ein Arzt mit folgenden Worten zitiert:

Lieber Gott, danke dir, dass wir die Karlsbad-Kuren überlebt haben.

1760 kommt der Konditor Jan Jiří Pop in das böhmische Tal. Er ändert seinen Namen in Johann Georg Pupp ab und – noch wichtiger- angelt das Töchterlein seines Chefs. Die schöne Zugabe zur Braut: die beiden Säle.

Seine Nachfahren, die Brüder Anton, Julius und Heinrich erweisen sich 100 Jahre später als clevere Geschäftsleute. Sie erwerben günstig gelegene Gebäude und Grundstücke in der Nachbarschaft und wagen einen radikalen Schnitt: Sie reißen die alten Gebäude ab und bauen ein komplett neues Haus, einen neobarocken Prachtbau.

Der Mittelbau des Grandhotels “Pupp”

Das Pupp: Von Casanova zu Bismarck

Das “Pupp” ist zu dieser Zeit schon das erste Haus Karlsbad, der Ort für Kur und Kür, der “Place to be”, wo sich alles trifft, was Rang und Namen hat.

König Edward VII. von England spaziert in Hosen mit Bügelfalte durch die Luxusherberge und löst damit einen Modetrend aus. Indische Maharadschas lassen sich auf opulent geschmückten Elefanten zum Grandhotel schaukeln. Otto von Bismarck erholt sich vom Regieren; Casanova stellt den Damen nach; Ludwig van Beethoven feilt an seinen Symphonien. Einmal soll der Komponist und Pianist ein Konzert im “Pupp” geben, doch die Türsteher erkennen das Genie nicht – weshalb das musikalische Event verschoben werden muss.

Die Uferpromenade rechts und links der Tepa bei Nacht

Nur Goethe, der gleich dreizehnmal in das Heilbad an der Tepla kommt, steigt lieber im “Haus zu den drei Mohren” ab. Noch einmal verliebt sich der alte Herzensbrecher unsterblich, in die sehr viel jüngere Ulrike von Levetzow. Doch die Baronesse gibt dem Geheimrat einen Korb. Seine Seelenpein verarbeitet er anschließend in der “Marienbader Elegie”.

Als das Pupp “Moskva” hieß

Vor dem Zweiten Weltkrieg wird das Haus an der Biegung der Tepla noch einmal aufgemöbelt. Jedes Zimmer verfügt nun über warmes Wasser und eine Toilette.

Dem steilen Aufstieg folgt der tiefe Fall. Die Nationalsozialisten bereiten der Dekadenz ein Ende. Die Sowjets und die Marionettenregierungen in Prag lassen das Haus vergammeln. Die Ära von Moorbädern und Champagnerfesten scheint endgültig vorbei. Das “Pupp” wird verstaatlicht und heißt nun „Moskva“.

die Lobby im Grandhotel “Pupp”

Nun residieren sowjetische Generäle, Staatspräsidenten wie Ludvík Svoboda oder Äthiopiens Kaiser Haile Selassie in der Herberge am Ende der Stara Louka, aber auch Helden des Sozialismus wie Juri Gagarin und Sigmund Jähn.

Kuriosum am Rande: Noch lieber steigen die russischen Militärs im Kurhotel “Imperial” ab, das wie eine Tiara über der Stadt thront. Das märchenhafte Anwesen, das über eine eigene 127 Meter lange Standseilbahn verfügt, verdankt seine Existenz ausgerechnet einem enttäuschten Gast des “Pupp”. Der war verschnupft, weil er nicht sein angestammtes Zimmer bekommen hatte und investierte stattdessen in den Neubau des Hotels auf dem Hügel.

Karlsbad erstrahlt in neuem Glanz

Längst erstrahlen die beiden Traditionshäuser in neuem Glanz. Die sozialistische Tristesse hat altem Prunk Platz gemacht. An der Uferpromenade rechts und links der Tepla reihen sich mehrstöckige Gebäude in Bonbonfarben auf. Klassizismus und Jugendstil reichen sich die Hand. Giebel, Ecktürme und Heerscharen muskelbepackter Atlanten, die das Übermaß an Ornamenten kaum tragen können, prägen das Bild.

Karlsbad ist zu jeder Jahreszeit sehenswert. Hier die Tepla mit der berühmten Promenade.

Karlsbad sei eine „Ansammlung von Torten, alle vom gleichen Stil“ schrieb der französische Architekt Le Corbusier über diese Häufung architektonischer Schmuckstücke. Nur das Kurhotel “Thermal” mit seinen 16 Stockwerken passt nicht so recht in dieses Ensemble historischer k.u.k.-Prachtbauten.

Für den öden Betonklotz mit seinen 533 Betten waren in den 1960er Jahren ganze Straßenzüge plattgemacht worden. Alte Karlsbader würden den hässlichen Koloss am liebsten abreißen. Doch das in einen Felsen eingelassene Außenschwimmbecken, mehr noch der riesige Kinosaal sicherten dem ungeliebten Leuchtturm das Überleben.

Das Pupp: Herberge von Päpsten, Präsidenten und Hollwoodstars

Seit 1946 ist Tschechiens berühmteste Spa-Stadt Gastgeber des Internationalen Filmfestivals. Im Juli reisen Hollywoods Größen an. Die meisten residieren im “Pupp”, das Regisseur Wes Anderson zu seiner Tragikomödie um die Geschichte eines Concierges im “Grand Budapest Hotel” inspiriert hat.

Kronleuchter, Statuen und Blumen kennzeichnen das Innere des “Pupp”.

Wer alles in dem legendären Haus mit dem sagenhaften Mythos genächtigt hat, lässt sich drinnen, als auch draußen ablesen. Prominente Köpfe wie Morgan Freeman oder Yoko Ono lächeln von überlebensgroßen Schwarz-Weiß-Fotografien herab. Draußen, am “Walk of fame”, trifft Glamour auf Hochkultur und Herrschaftsanspruch. Ob Gorbatschow, Papst Franziskus, Gina Lollobrigida, Karl Marx oder Sigmund Freud – sie alle wurden auf einer der 70 Bronzetafeln verewigt.

die Bühne im Festsaal des Grandhotels

In der Präsidentensuite mit ihrem vergoldeten Stuck, dem Kristallkronleuchter und dem Badezimmer aus grünem Marmor logierten Staatenlenker, Päpste und gekrönte Häupter. Und im riesigen Festsaal mit der theatertauglichen Bühne feierten Schauspielgrößen wie Claudia Cardinale, Michael Douglas, Helen Mirren oder Mel Gibson die Nächte durch, bevor die illustre Schar zum Absacker in die Becher’s Bar weiterzog.

Das Pupp: der Kinostar

Wegen seines nostalgischen Ambientes taucht der weiße Kasten zudem immer wieder in Kinofilmen auf. Der Bond-Klassiker brachte der Fünf-Sterne-Herberge die meisten Schlagzeilen ein, doch schon zehn Jahre zuvor tauchte sie in dem Streifen “Der Ring aus Stein” mit Nastassja Kinski und Michael York in den Hauptrollen auf.

In voller Pracht präsentierte sich das Grandhotel zudem in der amerikanischen Komödie “Noch einmal Ferien” mit Queen Latifah und Gerard Depardieu. Und der Festsaal, der zu den größten der Stadt zählt, spielt im Streifen „Edith Piaf“ aus dem Jahr 2007 eine wichtige Rolle.

Sehr selten triffst du es so leer vor: das Cafe im “Pupp”

Das Pupp: ein Haus für Jedermann

Wie schläft es sich in einem Haus, das Königen von Gottes Gnaden und Philosophen mit umstürzlerischen Plänen ein Heim auf Zeit war, wo sich Bescheidenheit und Dekadenz die Hand gaben? Mein Fazit: erstaunlich gut und selbst für Normalsterbliche erschwinglich.

Blick in das hauseigene Spa

Schon in der Lobby deutet sich an, dass Glamour wohl auf die wenigen Festivaltage im Sommer beschränkt ist. In der übrigen Zeit huschen deutsche Rentner im Bademantel durch die langen Flure, um sich im hauseigenen Spa mit heißen Steinen und aromatisierten Ölen traktieren zu lassen.

Der Luxus im Pupp ist erschwinglich

Unter dem monumentalen Kristall-Kronleuchter der Bar Malá dvorana flirten tschechische Pärchen bei Becher Spritz oder Movie Club. In der Sauna schwitzen Österreicher, bevor sie ins Meditationsbecken mit Unterwassermusik abtauchen. Der Luxus ist erschwinglich. Bereits für 160 Euro gibt es das Zimmer für zwei im Parkside-Flügel. In einer Schweizer oder österreichischen Luxusherberge bekäme man da höchstens die Abstellkammer.

Die Bar Malá dvorana ist der ideale Ort für den Absacker.

Zugegeben: Das Bad könnte etwas moderner sein, die Tapeten im geräumigen Schlafzimmer etwas freundlicher. Doch dafür ist es mucksmäuschenstill, weil vor dem Fenster nur dunkler Wald ist.

Die darfst du dir nicht entgehen lassen: die Pupp-Torte im hauseigenen Kaffeehaus.

Ich schlafe königlich, träume von knackigen Agenten und den verführerischen Torten, die im Caféhaus des “Pupp” aufgetischt werden. Mein Favorit ist die Pupp-Torte, eine köstliche Kalorienbombe aus Eiern, Mandeln und Becherovka. Der allgegenwärtige, grünlich-gelbe Kräuterlikör gilt als 13. Heilquelle Karlsbads und schmeckt deutlich besser als der Rest

Roswitha:
Related Post